
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Straßenkampf in Golm
Ein Ehepaar streitet mit der Stadt über die Nutzung seines Grundstücks als Straße
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Golm - Am Golmer Ufer des Zernsees herrscht Straßenkampf der besonderen Art: Hier kämpfen keine rivalisierenden Clans gegeneinander und es fliegen auch keine Steine. Dennoch geht es in dieser Auseinandersetzung kräftig zur Sache. Das Streitobjekt ist hier die Straße selbst, die unter Polizeischutz gebaut wird.
Seit Monaten streiten die Kontrahenten erbittert um den Verlauf der Straße Am Zernsee. Die Positionen könnten unterschiedlicher nicht sein: Nach Auffassung der Stadtverwaltung verläuft die Straße südlich vom Gut Schloss Golm parallel zum Wasser am Pumpwerk vorbei in Richtung Bahndamm der Strecke Berlin-Magdeburg. Mitten in diesem von der Stadt behaupteten Straßenverlauf liegt – in Höhe des Pumpwerks – das Grundstück von Irene Franz. Die Kleinmachnowerin, die das Areal seit vielen Jahren besitzt, ist der Meinung, auf ihrem Grundstück gebe es keine öffentliche Straße. Ihr Ehemann Sepp Franz sagt, die Straße beginne im Norden am Gut Schloss Golm und ende im Süden dort, wo auch der Asphaltbelag endet, nämlich wenige Meter vor dem Grundstück seiner Frau. Den Besitzern der weiter südlich gelegenen Wochenendhäuser wolle seine Frau indes das Leben nicht schwer machen. Den Anrainern stehe ein Notwegerecht zu. Dieses Recht werde selbstverständlich respektiert. Damit die Wochenendhausbesitzer ihre Domizile erreichen könnten, dürften sie das Grundstück seiner Frau befahren – allerdings nicht wie bisher quer über das Areal, sondern nur am Rand entlang.
Im vergangenen Sommer begann Franz, das Grundstück seiner Frau von Unrat zu befreien. Mit einem Bagger hole er seitdem jede Menge Bauschutt und anderes Gerümpel aus dem Erdreich und fahre den Unrat ab, so Franz. Nach seinen Angaben wurde in dem ganzen Gebiet vor Jahrzehnten Bauschutt verkippt. Weiterer Müll kam offenbar im Laufe der Zeit hinzu. Als Franz vor einigen Monaten nun sogar die ersten Betonplatten aufnahm, über die bis zu diesem Zeitpunkt der Anliegerverkehr rollte, schritt die Stadtverwaltung ein. Irene Franz als Grundstückseigentümerin wurde mit Schreiben vom 30. August eine Geldbuße von bis zu 2500 Euro angedroht. Zudem kündigte die Verwaltung an, sie für den an der Fahrbahn eingetretenen Schaden haftbar zu machen. Zum Schutz vor Unfällen stellte die Stadt Absperrungen aus Metall auf. Doch Sepp Franz beseitigte die rot-weißen Absperreinrichtungen einfach wieder und ließ die Stadtverwaltung wissen, sie sei nicht berechtigt, in das Grundstück „irgendwelche Sachen einzubauen“. Zugleich bot er an, die Verwaltung könne sich die Gegenstände bei ihm abholen, was nach einigem Hin und Her dann auch geschah.
Im Dezember erhielt Familie Franz wieder Post von der Verwaltung. Anders als noch im Schreiben vom 30. August will die Stadt nun Sepp Franz und nicht seine Ehefrau für die Schäden aufkommen lassen. Eine Firma werde die Straße reparieren und den von Sepp Franz aufgeschütteten Erd- und Schutthaufen abfahren. Die Kosten dafür müsse er zahlen. Inzwischen sind auch Taten gefolgt: Eine Baufirma, die nach Angaben von Sepp Franz in Polizeibegleitung erschien, hat auf dem Grundstück eine Schotterfahrbahn angelegt und damit den umstrittenen Straßenverlauf wiederhergestellt.
Die Stadt beruft sich gegenüber Familie Franz auf eine Vorschrift im Brandenburgischen Straßengesetz, wonach von einer öffentlichen Straße auszugehen sei, wenn sie schon vor Inkrafttreten des Straßengesetzes nach dem früher geltenden Recht öffentlich genutzt wurde. Dies sei hier der Fall, da die Straße bereits seit Jahrzehnten existiere. Dabei erläutert die Stadt allerdings nicht, warum – eine jahrzehntelange Nutzung als öffentliche Straße unterstellt – diese Nutzung dem früheren Recht entsprochen habe. Die Stadt teilte insoweit lediglich mit, ein Teil des Grundstücks von Irene Franz sei nun einmal schon vor Inkrafttreten des Brandenburgischen Straßengesetzes Bestandteil der Straße Am Zernsee gewesen.
Sepp Franz hingegen sagt, es gebe keine einzige behördliche Entscheidung, das Grundstück seiner Frau teilweise der Straße Am Zernsee zuzuschlagen. Das jetzige Verhalten der Stadt hält er daher für rechtswidrig.
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