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Giftspitzer: Zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners wurde am Jagdschloss Stern am Dienstag eine Gebläsekanone für den Einsatz des Biozids Dipel ES getestet – sie war allerdings mit Wasser gefüllt. Nun prüft die Stadt, wo Dipel ES eingesetzt werden kann.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Straßensperren für Kampf gegen Raupen

Eichenprozessionsspinner: Bundesanstalt für Arbeitsschutz genehmigt Biozid-Einsatz – unter Auflagen

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Zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners kann nun im gesamten Stadtgebiet das giftige Biozid Dipel ES eingesetzt werden – allerdings müssen sich die Potsdamer für diesen Fall darauf einstellen, dass ganze Straßenzüge stundenlang gesperrt werden müssen. Das geht aus den Regeln für den Einsatz des Fraßgiftes Dipel ES hervor, die die Stadtverwaltung jetzt von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erhalten hat. Herbert Claes, im Rathaus der Bereichsleiter für Grünflächen, sagte am Dienstag vor Journalisten: „Wir müssen nun prüfen, wo wir das Biozid unter diesen Bedingungen tatsächlich einsetzen.“ Die Öffentlichkeit soll mindestens zwei Tage vor einem Einsatz informiert werden.

Laut den PNN vorliegenden Regelungen dürfen die Flächen, die mit Dipel ES behandelt werden, nur mit Gummistiefeln, Schutzanzug, -brille und -handschuhen betreten werden – das Gift wird von der Bundesanstalt als „reizend“ eingestuft, es könne allergische Hautreaktionen verursachen. Wird das Mittel vom Boden aus in Bäume gesprüht, darf die behandelte Fläche ohne Schutzkleidung erst acht Stunden nach dem Einsatz betreten werden. Werden die Giftladungen aus der Luft abgeworfen, muss das Gebiet laut der Bundesanstalt sogar zwölf Stunden abgesperrt werden – und zwar „mit geeigneten Maßnahmen“. Claes sagte dazu, gerade an Straßen mit vielen Eichen wie der Heinrich-Mann-Allee oder der Drewitzer Straße stelle sich die Frage, wie diese über Stunden hinweg abgesperrt werden könnten: „Ich kann mir das nicht vorstellen.“ Eine weitere Bestimmung der Bundesanstalt ist es, dass das Mittel nicht in Gewässer oder in die Kanalisation geraten soll.

In Potsdam hatte es in den vergangenen Jahren immer größere Probleme mit dem Eichenprozessionsspinner gegeben. Diese Raupe frisst Eichen kahl – und das in ihren Brennhaaren enthaltene Nesselgift kann bei Hautkontakt schwere allergische Reaktionen auslösen. Laut Claes sei inzwischen etwa jede vierte der rund 20 000 Potsdamer Eichen befallen. Bisher hatten die Stadt, aber auch die Schlösserstiftung, in deren Gärten 8000 befallene Bäume stehen, auf das einfache Absaugen der Nester der Raupe gesetzt – in diesem Jahr gibt es nun zusätzlich Dipel ES. Nach den bisherigen Planungen sollte der Einsatz an den Ravensbergen an der Teltower Vorstadt, am Jagdschloss Stern, in Klein Glienicke, am Großen Herzberg in Eiche und am Neuen Friedhof an der Heinrich-Mann-Allee erfolgen. Wie das konkret aussehen kann, wurde am Dienstag am Jagdschloss demonstriert: Vor Journalisten wurde eine an einen Traktor gehängte Gebläsekanone für den Einsatz des Insektizids vom Boden aus getestet – allerdings war dieses lautstark arbeitende Gerät noch mit Wasser gefüllt. Laut dem Landwirtschaftsministerium stünden für die Kommunen in Brandenburg insgesamt 18 000 Liter Dipel ES zur Verfügung.

Derweil drängt die Potsdamer SPD darauf, Dipel ES nicht nur an einigen wenigen Stellen in der Stadt einzusetzen. Dieses Thema müsse am heutigen Mittwoch im Hauptausschuss besprochen werden, sagte SPD-Fraktionschef Mike Schubert: „Vor allem bei Kitas und Schulen fordern wir, mehr zu tun als die Raupen abzusammeln.“ Stadtsprecher Jan Brunzlow sagte dazu, auch für Kindereinrichtungen werde nun der Einsatz von Dipel ES geprüft. „Dort wären Sprühaktionen am Samstag möglich, ohne dass der Betrieb eingeschränkt werden müsste.“ In den Anwendungsbestimmungen für Dipel ES heißt es, vor jeder Aktion sei eine Risiko-Nutzen-Abwägung durchzuführen und zu prüfen, ob auch das biozid-freie Absaugen der Raupen und Nester möglich sei. Eine vorbeugende Behandlung dürfe nicht erfolgen, so die Bundesanstalt. Claes sagte, auch das Potsdamer Gesundheitsamt solle in die Entscheidung zum Einsatz des Gifts einbezogen werden. Vom Ministerium hieß es, das Mittel soll nach dem Austrieb der Eichenblätter aufgesprüht werden: So soll der Schädling bekämpft werden, bevor die Raupen ihre Brennhaare ausbilden können.

Auch bei der Schlösserstiftung wird nun der Dipel-ES-Einsatz geplant. Sprecher Ulrich Henze sagte, die Öffentlichkeit werde frühzeitig darüber informiert, wenn für eine bereits angekündigte Sprühaktion aus der Luft weite Teile der Potsdamer Welterbeparks gesperrt werden müssten. In den Regeln der Bundesanstalt heißt es, die Anwendung aus der Luft solle „grundsätzlich nur als letzte Möglichkeit angesehen werden und nur bei großflächigem, starkem Befall umfangreicher Baumbestände erfolgen“.

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