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Noch barrierefrei. Behinderte kritisieren die Schließung der Wache Babelsberg.

© Klaer

Landeshauptstadt: Streit über barrierefreie Polizeiwache

Schmarje: „Keine Chance“ für Rollifahrer / Erster Behindertenreport vorgestellt / Teilhabekonzept geplant

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Innenstadt/Babelsberg - Herbe Vorwürfe kommen vom Vorsitzenden des Potsdamer Behindertenbeirates, Jan-Peter Schmarje: Mit der Polizeiwache in Babelsberg werde „die einzige rolligerechte Polizeiwache Potsdams geschlossen“. Nach der im Zuge der Polizeireform einzigen Wachenschließung in Brandenburg werden die Rollstuhlfahrer „keine Chance“ haben, ihre polizeilichen Anliegen in der verbleibenden Wache in der Potsdamer Mitte, Henning-von- Tresckow-Straße, anbringen zu können.

Der Grund, so Schmarje: Es gebe dort „keinen Klingelknopf, gar nichts“. Ein Rollstuhlfahrer müsste eine zweite Person mitbringen, „die dann drinnen Bescheid sagt“. Schmarjes Schlussfolgerung: Die Innenstadt-Wache sei für Rollstuhlfahrer „kein adäquater Ersatz“ für die Wache Babelsberg. Wolfgang Brandt, Sprecher des Innenministeriums, besah sich nach einer PNN-Anfrage gestern in der Henning-von-Tresckow-Straße die Situation und stellte fest: „Es gibt einen Klingelknopf und eine Rampe.“ Brandt gab zu, dass der Zugang „etwas provisorisch“ wirke, da das Wachengebäude eingerüstet und Baustelle sei. Geäußerte Vermutungen Schmarjes, es würde in Potsdams Mitte eine neue Polizeiwache geplant, wies er zurück. Es gebe keine Pläne für einen Wachenneubau.

Unterdessen stellte Potsdams Behindertenbeauftragter Karsten Häschel gestern den ersten Behindertenreport vor – das sieben Seiten starke Dokument soll die Situation der Behinderten schlaglichtartig vorstellen, es wird künftig jährlich erscheinen. Hauptthema 2011 ist die Umsetzung der 2009 für Deutschland in Kraft getretenen UN-Konvention für Menschen mit Behinderung. Dabei geht es unter anderem um Barrierefreiheit in allen Lebenslagen und um inklusive Bildung, also die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung. Es gebe in Potsdam bereits eine hohe Sensibilität für Barrierefreiheit, sagte Häschel und verwies auf Baustellenbegehungen mit Behindertenvertretern. Nachholbedarf bestehe dagegen in den Sportvereinen, die bislang etwa nur selten gemeinsame Wettkämpfe anböten.

Zur Umsetzung der UN-Ziele soll bis Ende 2011 zudem das Konzept für einen „Teilhabeplan“ erstellt werden – im Juni soll die Arbeit dafür in Arbeitsgruppen zu Themen wie Bildung, Arbeit, Kultur, Sport oder soziale Teilhabe beginnen. Interessenten sind zur Mitarbeit aufgerufen, Ansprechpartner ist der Behindertenbeauftragte.

Auch der diesjährige Innenstadtwettbewerb des brandenburgischen Infrastrukturministeriums befasst sich mit dem Thema Barrierefreiheit: Potsdam beteiligt sich daran mit dem Pilotprojekt „Barrierefreie Brandenburger Vorstadt“ und mit den „Freundlichen Strafzetteln für Falschparker“. Im Rahmen des Projekts in der Brandenburger Vorstadt ist unter anderem ein Musterblatt zur Gestaltung von barrierefreien Straßenquerungen entstanden, sagte Kerstin Schulz vom Bereich Verkehrsplanung. Laut Häschel leben in Potsdam rund 19 000 Menschen mit Behinderung, darunter etwa 9500 Mobilitätseingeschränkte. gb/jaha

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