Landeshauptstadt: Streit um Lerchensteig
Kritik an Ausschreibung zum Flüchtlingsheim
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Nedlitz - Zu kurzfristig und ohne echten Wettbewerb: Die geplante Ausschreibung über die Unterbringung von Flüchtlingen in Potsdam bevorteilt nach Ansicht von Lutz Boede die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und ihr Asylbewerberheim am Lerchensteig. „Ich fürchte, dass sich wegen des Verfahrens ein Standort durchsetzt, der integrationspolitisch nicht sinnvoll ist“, sagte Boede, der als Geschäftsführer der Fraktion Die Andere am neuen Integrationskonzept von Potsdam mitschreibt und dabei ein Papier zum Thema „Wohnen“ mitverfasste. Darin werde gefordert, so Boede, den Lerchensteig aufzugeben und die Flüchtlinge stattdessen in Wohnungen oder zumindest mehreren Standorten unterzubringen.
Solchen Befürchtungen versuchte Angelika Basekow als Geschäftsführerin der AWO gestern entgegenzutreten: Ihr Verein versuche „immer“ schon, auch eine neue Lösung statt des Lerchensteig-Heims zu finden und so die Flüchtlinge stärker in der Stadt zu integrieren: „Aber die Suche ist ganz schwer.“
Weiterer Kern der Kritik von Boede ist das enge Zeitfenster: Der Text der Ausschreibung für das Heim sei gerade einmal ein Entwurf. Sei er fertig, werde der Betrieb eines Asylbewerberheims in Potsdam nur für 58 Tage europaweit ausgeschrieben, dazu käme die Zeit für die Bewertung der Gebote. Zudem müssten noch Verträge mit dem Träger geschlossen werden, der den Zuschlag erhält. „Zu kurz“, so Boede. Der Widerspruch für ihn: Schon zum 1. Juli solle die Unterbringung von 150 bis 180 Flüchtlingen auf Basis eines neuen Vertrages erfolgen – der jetzige Zehn-Jahres-Vertrag der AWO läuft am 30. Juni aus. Die Bewerbung um einen neuen Vertrag hat die AWO bereits angekündigt. „Wie sich andere interessierte Bewerber in dieser kurzen Ausschreibungsfrist Grundstücke oder Wohnraum besorgen sollen, ist mir unklar“, kritisierte Boede. Deswegen gäbe es einen „enormen“ Vorteil für die AWO als aktuellem Betreiber – zumal der Verein den derzeit laufenden Vertrag damals ohne Ausschreibung erhalten habe. Ähnliche Kritik hatte es schon von anderen Potsdamer Initiativen für Migranten gegeben, die an dem Integrationskonzept für die Landeshauptstadt mitarbeiten. Allerdings war die Fraktion Die Andere bereits im Dezember vor den Stadtverordneten mit einem Antrag gescheitert, die Ausschreibung für das Asylheim zunächst nur für ein Jahr durchzuführen – um in einer Übergangsfrist mehr Bewerber zu locken.
Basekow indes wies diese Idee gestern erneut zurück: Es sei schon lang bekannt gewesen, dass der AWO-Vertrag ende – deswegen hätte man sich früher um die Ausschreibung kümmern müssen. Doch ein Vertrag nur für ein Jahr wäre für die Planungssicherheit am Lerchensteig „nicht gut“.
Das Thema dürfte bis Juli aktuell bleiben: So planen Potsdamer Flüchtlingsinitiativen in den kommenden Wochen eine Postkartenaktion für eine Unterbringung der Ausländer innerhalb Potsdams und nicht am Rande der Stadt. Henri Kramer
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