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Der Fahrsimulator der Verkehrswacht  viele, vor allem jüngere Besucher der Alkohol-Aktionstage nutzten gestern das Gerät. Seine Besonderheit: Es soll seinen Nutzern zeigen, wie es sich anfühlt, wenn sie betrunken im Auto sitzen.

© Manfred Thomas

Von Henri Kramer: Streit um Patientendaten

Datenschutz-Beauftragte hegt Bedenken gegen Potsdamer Alkohol-Prävention / Schüler trinken weniger

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Potsdams Sozialdezernentin Elona Müller und die brandenburgische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Dagmar Hartge, streiten sich. Thema des Konflikts ist, wie weit die Stadtverwaltung gehen darf, wenn sie gegen Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen vorgehen will.

Bedenken hegt Hartge gegen eine Praxis, die seit knapp zwei Jahren existiert. Denn wenn sich Potsdamer Jugendliche so sehr betrinken, dass sie ins Krankenhaus müssen, wird dies derzeit automatisch auch ans Jugendamt gemeldet. Die Behörde setzt sich dann mit den Eltern in Verbindung, um frühzeitig Hilfen anzubieten. Dieses Vorgehen erklärte gestern Sozialbeigeordnete Elona Müller anlässlich des Beginns der Aktionstage „Alkohol? Kenn dein Limit“ im Stern-Center. „Wenn ein Jugendlicher mit zu viel Alkohol ins Krankenhaus eingeliefert werden muss, entsteht in vielen Familien ein Schamgefühl – damit haben wir kurz nach so einem Ereignis die größte Chance, situationsgerecht zu reagieren“, erklärte Müller die Weitergabe der Patientendaten mit dem gesetzlich verankerten Jugendschutz. Sie wolle in solchen Fällen schnell Hilfe anbieten.

Die Behörde der Landesdatenschutzbeauftragten sieht das kritisch. „Erste Ansprechpartner, auch nach so einer Situation, müssen immer die Eltern sein“, sagte Sprecherin Lena Schraut auf Anfrage der PNN. Das gelte gerade bei Sozialdaten, die so vom Klinikum direkt an das Jugendamt gelangen würden. Die Datenschutzbeauftragte soll kontrollieren, wie öffentliche Stellen bei der Datenverarbeitung vorgehen. Gravierende Verletzungen können maximal beanstandet werden. „Wir diskutieren noch mit der Stadt“, sagte Schraut. Ähnlich äußerte sich Müller – und gab sich zugleich kompromisslos: „Kinder- und Jugendschutz geht vor.“

Rund um die Aktionstage gegen die Trunksucht blieb der Streit um Datenschutz gestern der einzige kritische Ton. Noch bis heute sollen sich die Besucher im Stern-Center über rund ein Dutzend Alkohol-Hilfeprojekte in der Region informieren können. Unter anderem lässt sich an einem Simulator der Verkehrswacht simulieren, wie es sich anfühlt, mit zu viel Alkohol im Blut über die Straße zu fahren. Der Eindruck: Gerade Jugendliche sollen angesprochen werden.

Dabei hat sich die Situation in der jungen Altersklasse in den vergangenen Jahren offenbar leicht entspannt. Dies geht aus einer aktuellen Studie des brandenburgischen Landesgesundheitsamts hervor, deren Details gerade noch in der Stadtverwaltung ausgewertet werden. Für Potsdam steht nach der Umfrage unter rund 1000 Schülern der 10. Klassen bereits fest: Die Quote der wöchentlich Alkohol trinkenden Jugendlichen ist innerhalb der vergangenen vier Jahre um zehn Prozentpunkte gesunken. Bei der Vergleichsstudie aus dem Jahr 2005 hatte noch jeder vierte Zehntklässler von sich gesagt, dass er wöchentlich einmal Alkohol trinkt. Jetzt sind dies nur noch 15 Prozent. Die genauen Ergebnisse wolle die Verwaltung im Verlauf der nächsten Wochen präsentieren, sagte Sozialbeigeordnete Elona Müller. Die Studie beschäftigt sich neben Alkohol auch mit anderen Süchten – mit der Abhängigkeit von Tabak, von Haschisch, aber auch von Computerspielen.

Das Bühnenprogramm zu den Aktionstagen „Alkohol? Kenn dein Limit“ am heutigen Samstag startet 11 Uhr im Stern-Center. Bis 18 Uhr treten diverse Musiker auf.

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