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Streit um Schließung von Jugendclubs in Potsdam: „Konzepte aus den 90er Jahren reichen nicht“
Potsdam Kulturbeigeordneter Torsten Wiegel rechnet mit der Schließung mehrerer Jugendclubs in den nächsten Jahren. Bewerber ums Amt des Oberbürgermeisters widersprechen.
Stand:
Der Potsdamer Kulturbeigeordnete Torsten Wiegel (parteilos) hat mit seinen Aussagen zu möglichen Schließungen von Jugendclubs für Reaktionen im Oberbürgermeisterwahlkampf gesorgt: „Ich rechne damit, dass in den kommenden Jahren Jugendclubs geschlossen werden“, hatte er vergangene Woche gegenüber der Märkischen Allgemeinen Zeitung gesagt. „Wenn wir ein Angebot mit öffentlichen Geldern finanzieren, dann muss es auch von der Zielgruppe angenommen werden.“
Hintergrund der Aussagen ist eine aktuell laufende Untersuchung, die die Stadt zu den Besucherzahlen der 20 Jugendclubs in Potsdam führt. Diesen Ergebnissen wolle er nicht vorgreifen, so Wiegel gegenüber das MAZ. Er sagte aber auch: „Wir wollen Jugendclubs als Angebote grundsätzlich erhalten, aber nicht Konzepte aus den 90er Jahren.“ E gehe ihm nicht darum zu sparen, sondern „bedarfsgerechte Angebote“ zu schaffen.
Der für die Linke antretende OB-Kandidat Dirk Harder (parteilos) reagierte verschnupft: „Wenn man Ergebnissen von Untersuchungen nicht vorgreifen will, dann sollte man das auch nicht tun, schon gar nicht presseöffentlich und an den zuständigen Gremien vorbei“, sagte er in einer Pressemitteilung.

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Kürzungen in der Jugendarbeit lehnte er ab: „Die bestehende Einrichtungsstruktur ist für 130.000 Einwohner:innen konzipiert. Aktuell steuern wir auf die 200.000er-Marke zu. Ob im Klub oder anderen Angebotsformen – wir brauchen einen Aufwuchs in der offenen Jugendarbeit“, so Harder. Die offene Jugendarbeit sei „keine Sparbüchse“. Gleichzeitig sagte Harder auch, es sei legitim, über zeitgemäße Formen von Jugendarbeit zu debattieren, die flexibler und mobiler seien: „Und das tun die Träger übrigens regelmäßig und intensiv.“
OB-Kandidatin Noosha Aubel (parteilos) äußerte sich ebenfalls zu Wiegels Aussagen: „Die benannte Untersuchung sollte nicht allein Besucherzahlen in den Blick nehmen, sondern auch prüfen, welche Zielgruppen erreicht werden und welche Angebote in den Häusern genutzt werden. Neben Zahlen, Daten und Fakten müssen auch qualitative Aspekte berücksichtigt werden.“

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Sie teile Wiegels Einschätzung zum veränderten Freizeitverhalten junger Menschen: „Seit der Entstehung der Jugendclubs haben sich Interessen und Gewohnheiten deutlich gewandelt – dem muss jede Stadt Rechnung tragen.“ Wichtig sei jedoch, dass Jugendliche selbst zu ihren Wünschen befragt werden: „Meine Erfahrung zeigt: Häufig wünschen sie sich mehr selbstbestimmte, ‚pädagogikfreie‘ Räume – und sind auch bereit, dafür Verantwortung zu übernehmen.“
„Einsparungen nicht das Ziel“
Die Stadtverwaltung sieht vor dem Hintergrund der geplanten Bedarfsermittlung für Kinder und Jugendliche eine „fachliche Einigkeit mit den Äußerungen von Frau Aubel und Herrn Hader, auch hinsichtlich der Prozessgestaltung, die eine breite Beteiligung aller eingangs genannten Akteure beinhaltet“, so Stadtsprecherin Friederike Herold auf Nachfrage der PNN. Die Überarbeitung der Jugendförderplanung erfolge „nicht mit dem Ziel, Einsparungen zu generieren“.
Auf die Frage, wie die Alternativen für die Jugendclubs aussehen sollen, die künftig schließen werden, verwies Herold auf künftige Beteiligungsformate: „In einem Workshop im Herbst sollen Verwaltung, Träger und Fachkräfte gemeinsam Perspektiven erarbeiten. Die Ergebnisse fließen anschließend in die Beratungen des Jugendhilfeausschusses ein, bevor der Jugendförderplan in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wird.“ In diesem Jahr gibt die Stadt laut Herold insgesamt 4,2 Millionen Euro für Potsdams Jugendclubs aus.
Bereits 2024 hatte der damalige Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) im Rahmen der sogenannten „Potenzialliste“ die Schließung von drei bis vier Jugendclubs in Potsdam vorgeschlagen, um den klammen Haushalt zu entlasten: Das Rathaus hatte diese Streichungen damals ausdrücklich empfohlen und mit einem Einsparpotential von rund 600.000 Euro gerechnet.
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