
© Andreas Klaer
Homepage: Streitbare Kämpferin für die Jüngsten
Die Psychologin Christiane Ludwig-Körner wurde an der Fachhochschule Potsdam in den Ruhestand verabschiedet
Stand:
Die Politik hat die frühe Kindheit entdeckt. Plötzlich werden Lernprogramme für Krippen diskutiert, und Kindertagesstätten unterziehen sich immer häufiger einem Qualitätsmanagement. Noch nie ist in der Gesellschaft so viel über die Bildungs- und Entwicklungschancen der Jüngsten gesprochen worden, wie heute. Dabei haben Menschen wie die Psychologin Christiane Ludwig-Körner schon vor Jahrzehnten auf die elementaren Prägungen in den ersten Lebensjahren hingewiesen. Aller Ignoranz zum trotz sind sie hartnäckig geblieben. Auch die Potsdamer Professorin hat an der hiesigen Fachhochschule weiter zum Thema geforscht, in der Politik Forderungen gestellt und sich selbst dort eingebracht. Kein Wunder also, dass sich bei ihrer Verabschiedung in den Ruhestand am vergangenen Wochenende in der FH Staatssekretäre und Abteilungsleiter von Bildungs-, Familien- und Sozialministerien aufreihten, um Prof. Christiane Ludwig-Körner ihren Dank auszusprechen.
Annette Niederfranke vom Bundesfamilienministerium dankte für ihr Engagement im wissenschaftlichen Beirat des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen, mit dem die Bundesregierung den Schutz gefährdeter Kinder verbessern will. Als Leiterin des Familienzentrums an der Fachhochschule habe sie nie den Kontakt zu den Hilfe suchenden Eltern und belasteten Kindern verloren. „Die Politik braucht solche Leute, die wissen, was tatsächlich passiert“, sagte die Politikerin. Sie sei darüber, dass Christiane Ludwig-Körner bereits zugesagt hat, weiter im Beirat mitzuarbeiten.
Von Ruhestand kann kaum die Rede sein. „Auch die Forschungen zum Projekt ,Wie Elternschaft gelingt’ laufen ja noch weiter“, erinnerte mit einiger Erleichterung in der Stimme Gerd Künzel vom brandenburgischen Sozialministerium. Er könne sich nicht vorstellen, auf die Professorin zu verzichten, die er als „engagierte, leidenschaftliche und streitbare Kämpferin für die Interessen der Jüngsten“ kennengelernt habe. Staatssekretär Burkhard Jungkamp von Bildungsministerium bescheinigte ihr zudem fachpolitisches Feingefühl, das selten sei bei Wissenschaftlern und umso mehr in der Landespolitik geschätzt werde. Er würdigte vor allem die Aufbauleistungen Ludwig-Körners in dem noch jungen Studiengang „Bildung und Erziehung in der Kindheit“, mit dem der Erziehernachwuchs für die neuen Herausforderungen an Kindertagesstätten fit gemacht werde. Auch die Weiterbildung des Kita-Managements gehöre dazu.
Prorektor Andreas Klose bestätigte, dass seine Kollegin „noch so viele Baustellen hat, dass sie gar nicht weggehen kann“. Es sei vor allem ihr Verdienst gewesen, die Sigmund-Freud-Stiftungsprofessur und damit eine psychoanalytische Forschungsperspektive an die Fachhochschule geholt zu haben. Das enorme Durchsetzungsvermögen seiner Kollegin umschrieb Klose mit „positiver Penetranz und einer gewissen Schlitzohrigkeit“. Mitunter habe sie Ahnungslosigkeit vorgetäuscht und dabei doch immer genau gewusst, was sie erreichen wolle. „Was hat es für eine Debatte gegeben, als Kinderstühle für die Mensa angeschafft werden sollten“, erinnerte sich Klose mit einem nachträglichen Seufzer.
Vehement hat Christiane Ludwig-Körner die Frauenförderrichtlinien durchgefochten, ein Gleichstellungskonzept, das bundesweit Anerkennung fand. Heute gilt die FH als „Ort der Familie“, der mit Kinderbetreuung, Elterncafé, Beratungsstelle und Familienzimmer ein ganzheitliches Konzept verfolgt, um Studium und Erziehungspflichten besser zu vereinbaren. „Christiane Ludwig-Körner ist das längst nicht genug“, sagte Prorektorin Margit Kwoka und beschrieb den visionären Geist ihrer Kollegin. Sie wolle mehr Qualität und einen besseren Betreuungsschlüssel in den Kindertagesstätten des Landes. Und an der Fachhochschule soll künftig eine Modellkita Neues erproben. An ein Aufhören sei einfach nicht zu denken. Antje Horn-Conrad
Antje Horn-Conrad
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: