Von Michael Meyer, Brandenburg: Stresserprobte Olympiasiegerin
Katrin Wagner-Augustin holte gestern zwei Medaillen / Franziska Weber haderte nach K1-Silber mit K2
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Katrin Wagner-Augustin hatte es gestern eilig. „Tut mir leid, ich muss gleich wieder an den Start“, rief die Kanutin des KC Potsdam bei den Europameisterschaften in Brandenburg den Autogrammjägern am Beetzseeufer nach der Siegerehrung der Einer-Fahrerinnen zu, bei der sie gerade nach beherztem Rennen mit Silber über 500 Meter hinter der Ungarin Katalin Kovacs gewürdigt worden war. Die 32-Jährige war im Zeitstress, rannte daher unverzüglich von den ausverkauften Tribünen hinüber zum Sattelplatz. Zwischen ihrem Einer-Rennen und dem 500-Meter-Finale des Viererkajaks lagen gerade mal 50 Minuten. Die kurze Pause reichten der vierfachen Olympiasiegerin aber, um im letzten Endlauf der EM gemeinsam mit Carolin Leonhardt (Mannheim), Nicole Reinhardt (Lampertheim) und Tina Dietze (Leipzig) zu Gold zu paddeln.
„Das Rennen ist optimal gelaufen, wir waren vom ersten Schlag an weg“, resümierte Wagner-Augustin nach dem Start- Ziel-Sieg. „Und im Einer will ich die Ungarin auch mal besiegen und Gold holen.“ Mit zwei Titeln – außerdem mit der Staffel – sowie zweimal Silber – außerdem im 200-Meter-Vierer – war die Potsdamerin erfolgreichste Paddlerin der deutschen Flotte, die sich mit 6 Gold-/9 Silber-/6 Bronzemedaillen als erfolgreichstes Team vor Ungarn (6/9/2) erwies und nach den Titelkämpfen bei den frenetisch mitgehenden Zuschauern für deren Unterstützung bedankte. Ministerpräsident Matthias Platzeck, seit Jahren Kanu-Fan und Schirmherr der EM, sprach von „Super-Sport auf der schönsten Strecke Europas“ und einem „Super-Ergebnis für den Kanusport Brandenburgs mit einem Schlusspunkt, der es in sich hatte. Ich habe mich sehr für Katrin gefreut.“
Vorher hatte Platzeck nach der Siegerehrung des Zweierkajaks der Frauen über 500 Meter der Potsdamerin Franziska Weber, die mit ihrer Klubkollegin Fanny Fischer Dritte hinter Ungarn und der Slowakei geworden war, noch ihr Abitur- Zeugnis überreicht. Weber hatte am Samstag über 1000 Meter im Einerkajak nach tollem Rennen Silber hinter Katalin Kovacs gewonnen, obwohl sie am Start zunächst stehen geblieben war, weil sie einen Fehlstart vermutet hatte. Dann aber legte sie los wie die Feuerwehr, überholte noch fast die gesamte Konkurrenz und sprach später, zu Tränen gerührt, von „meinem bisher mit Abstand beeindruckendstem Erlebnis“. Über ihr Silber habe sich auch ihr Bundestrainer Eckehardt Sahr aus Potsdam „gefreut wie ein Kullerkeks“, so die 20-Jährige, die anschließend wegen der EM beim Abi-Ball der Potsdamer Sportschule gefehlt hatte und nun ihr Zeugnis vor einer Riesenkulisse nachgereicht bekam. „Und noch ein schönes dazu“, verriet Matthias Platzeck.
Franziska Weber strahlte darüber mit der gestern endlich auch über dem Beetzsee scheinenden Sonne um die Wette – nicht aber über ihren dritten Platz im Zweierkajak. „Das war heute nicht unser Rennen. Es war, als ob man selbst von außen zugeguckt hat“, erklärte sie, und Fanny Fischer pflichtete ihr bei: „Mit einer Medaille kann man immer zufrieden sein, aber wir ärgern uns ein bisschen über unser Rennen. Wir hatten uns vorher sehr gut gefühlt, aber ich habe mich unterwegs ein bisschen aus der Ruhe bringen lassen. Wir wissen beide, dass wir es besser können und dass da noch was geht.“
Fraglich ist allerdings, ob Fischer/Weber auch bei den Weltmeisterschaften Mitte August in Dartmouth den 500-Meter-Zweier paddeln werden. Sie waren nur wegen des ungünstigen EM-Zeitplans für die eigentlich qualifizierten Carolin Leonhardt/Tina Dietze auf dem Beetzsee gefahren. „Wir müssen sehen, dass wir im K2 eine schnellere Kombination finden“, erklärte gestern denn auch Chef-Bundestrainer Reiner Kießler. Statt Leonhardt/Dietze könnte aber auch wieder die Kombination Fischer/Leonhardt interessant werden. Das Duo wurde 2007 in Duisburg über 500 Meter Weltmeister und zeigte nun in Brandenburg im K2 beim 200-Meter-Sieg ansteigende Form. Eins allerdings dürfte sicher sein: Katrin Wagner-Augustin wird bei den WM über 500 Meter den Einer und Vierer fahren – ein bisschen Zeitstress macht ihr wenig aus.
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