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Nackte Zweige. Diese recht schmale Krone gehört einer der sechs Späth-Erlen, die im Rahmen eines Klimaprojekts im Schlaatzer Erlenhof gepflanzt wurden. Die 13 bis 14 Jahre alten Jungbäume sollen sich als Straßenbäume im Stadtbild bewähren. Auch Bäume anderer exotischer Sorten werden im Stadtgebiet gepflanzt.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Stressfreies Gehölz

Rund 90 exotische Bäume werden derzeit in Potsdam gepflanzt. Sie sollen robuster sein als heimische

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Schlaatz - Linden, Eichen, Rosskastanien – es sind vor allem diese Bäume, die Potsdams Stadtbild prägen. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten sollen die Potsdamer Klassiker jedoch um einige Exoten bereichert werden. An Straßen und auf Grünflächen werden dann auch Eisenholz-Bäume, Amerikanische Amberbäume, Kobushi-Magnolien, Urweltmammutbäume und Amur-Korkbäume zu finden sein.

Und Späth-Erlen. Gleich sechs davon wurden am gestrigen Donnerstag – ganz passend – im Erlenhof am Schlaatz gepflanzt. Die anderen genannten Baumarten werden spätestens bis Weihnachten ebenfalls in Potsdam zu finden sein, unter anderem in der Straße Zum Kahleberg, in der Dieselstraße und in der Franz-Mehring-Straße. Insgesamt sollen 91 dieser Exoten über das Stadtgebiet verteilt gepflanzt werden.

Potsdam beteiligt sich damit am Modellprojekt des Innovationsnetzwerks Klimaanpassung Brandenburg Berlin, bei dem Forscher der Berliner Humboldt-Universität unter der Leitung von Matthias Zander seit vier Jahren nach dem stressresistenten Straßenbaum der Zukunft suchen. Weil es immer mehr Wetterextreme gibt und die heimischen Baumarten anfälliger für Schädlinge und die Einflüsse des Straßenverkehrs geworden sind, sucht Zanders Team im Auftrag des Bundes nach Alternativen. Rund 80 verschiedene Baumarten werden von den Forschern auf einem rund zweieinhalb Hektar großen Gelände der Garten- und Landschaftsbaufirma Lorberg in Kleinziethen (Dahme-Spreewald) unter Extrembedingungen getestet.

Die härtesten von ihnen kommen nun in die „freie Wildbahn“. Vor allem die Späth-Erle, eine vor 100 Jahren in der Berliner Baumschule Späth aus einer Kreuzung entstandene Art, hat sich in Zanders Augen für das harte Leben in der märkischen Streusandbüchse bewährt. Der Baum halte auch andauernde extreme Trockenheit aus und sei auch weitgehend resistent gegen Schädlingsbefall, so Zander. Zumindest Ersteres erwartet auch die sechs Erlen am Schlaatz. Weil die umgebenden Flächen weitgehend versiegelt sind und in heißen Sommern zusätzlich die Hitze von den aufgeheizten Betonplatten der Wohnblocks auf die Bäume abstrahlt, sei der Standort sehr geeignet für die weitere Beobachtung, sagte Lars Severin vom städtischen Bereich Grünflächen. Diese Behörde übernimmt auch die Pflege der Bäume, Zanders Team untersucht nur, wie sie sich entwickeln. Mit der Beteiligung an dem Modellprojekt schlägt Potsdam laut Severin zwei Fliegen mit einer Klappe. Erstens kann getestet werden, welche der stressresistenten Baumarten sich besonders gut als Ergänzung heimischer Gewächse eignen. Zweitens werden auf diese Weise Nachpflanzungen getätigt, für die es den Bedarf ohnehin gegeben hat. „Wir haben sogar die Bürger befragt, wo ihnen Lücken im Bestand aufgefallen sind“, so Severin. Die genannten Standorte seien nach Möglichkeit auch berücksichtigt worden.

„Das Projekt kommt uns sehr entgegen“, sagte auch Grünflächenbereichsleiter Herbert Claes. Auch in Potsdam gebe es zunehmend Schwierigkeiten mit den hier heimischen Baumarten. Prominentestes Beispiel ist wohl die Rosskastanie, die in der Landeshauptstadt wie berichtet bereits gar nicht mehr nachgepflanzt wird. Schuld daran ist allerdings nicht die Miniermotte, sondern das Bakterium Pseudomonas, das den Baum so sehr schädigen kann, dass er von innen heraus verfault und binnen weniger Jahre abstirbt. „Für die Kastanien müssen wir Alternativen finden“, so Claes.

nbsp;Peer Straube

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