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Potsdamer Innungschef vor Gericht: Striptease bei Dachdeckerfesten?
Der frühere Innungschef der Dachdecker soll Gelder veruntreut haben. Teure Stripper-Partys schob er vor Gericht als Grund für die hohen Ausgaben vor.
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Wenn Dachdecker feiern, dann anscheinend richtig: Da müssen die Speisen und Getränke vom Feinsten sein. Zur Unterhaltung der Herren tragen auch schon mal Striptease-Tänzerinnen bei. Das alles hat seinen Preis. So können in vier Jahren locker mehr als 43 000 Euro Unkosten entstehen, rechnete Jan R. am gestrigen Mittwoch dem Schöffengericht vor. Der Ex-Geschäftsführer des Brandenburgischen Landesinnungsverbandes des Dachdeckerhandwerks muss sich wegen des Vorwurfs der Veruntreuung der Gelder vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 43-Jährige sich die Summe in die eigene Tasche gesteckt hat.
Zwischen Dezember 2006 und Februar 2010 soll Jan R. – er war gleichzeitig Geschäftsführer des Landesbildungszentrums sowie des Berufsförderwerkes des Dachdeckerhandwerks Brandenburg – 17 Mal Geld vom Konto des Berufsförderwerkes abgehoben haben, auf das er rechtmäßigen Zugriff hatte. Die Belege, wofür beispielsweise Beträge von 4700 Euro, 3500 Euro oder 2200 Euro verwendet wurden, habe er leider nicht mehr, erklärte der wegen Untreue im besonders schweren Fall Angeklagte am Mittwoch. Der gelernte Jurist versicherte aber, dass die Gelder „salopp gesagt zur Bespaßung der Kollegen und ihrer Partnerinnen“ eingesetzt wurden. Er habe Weihnachtsfeiern, Sommerfeste, zweitägige Motorradtouren und Obermeistertagungen „mit kulturellem Rahmenprogramm“ organisiert, die Akteure dabei bar bezahlt, wie dies bei Künstlern üblich sei, erklärte er. Ein finanzielles Limit dafür sei ihm vom Vorstand nicht vorgegeben worden. „Ich sollte ein Programm auf die Beine stellen, mit dem alle zufrieden sind“, so der Angeklagte. Eine Buchführung habe es beim Berufsförderwerk, das eigentlich nie aktiv wurde und dessen Konto zum „Zwischenparken anderer Gelder“ diente, nie gegeben, erzählte Jan R.
Die Unregelmäßigkeiten fielen auf, als 2010 ein neuer Vorstand gewählt wurde. „Wir haben festgestellt, dass das Geld nicht nachweisbar verwendet wurde“, berichtete Landesinnungsmeister Christian K. im Zeugenstand. „Wir haben entsprechende Belege vom damaligen Geschäftsführer angefordert, aber nichts bekommen“, sagte der 42-Jährige. Auch im Sekretariat seien keine Quittungen für Bewirtung oder Hotelkosten gefunden worden. In seiner früheren Funktion als Obermeister des Dachdeckerhandwerks habe er an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen, die vom Angeklagten organisiert wurden. „Striptease gab es bei den Treffen nicht, auf denen ich war“, betonte der Zeuge. „Mir ist auch nicht aufgefallen, dass Jan R. bei den Events mit einem Briefumschlag voller Geld herumgelaufen ist und alles bezahlt hat.“
Allerdings fallen die Abhebungen vom Konto des Berufsförderwerkes zeitlich mit den vom Angeklagten benannten Veranstaltungen zusammen. „Wir müssen ihm nachweisen, dass er das Geld für sich verwendet hat. Das können wir momentan noch nicht“, befand Richterin Ahle am Mittwoch und setzte drei weitere Verhandlungstermine mit mehreren Zeugen an. (Hoga)
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