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Landeshauptstadt: Strumpfhosen aus dem Knast
Häftlingsarbeit für den Klassenfeind: ein Vortragsabend in der Gedenkstätte Lindenstraße über die Produktion für den Westen
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Im Strafvollzug der DDR verweigerten etwa zehn Prozent der politischen Häftlinge nach Einschätzung des Historikers Tobias Wunschik die Arbeit. Eine Zahl, die im Publikum in der Gedenkstätte Lindenstraße Erstaunen hervorruft. „Wissen Sie, was mit denen passiert ist?“, meldete sich ein älterer Mann zu Wort. „Die wurden angekettet und lagen bis zu zwei Wochen in ihrer Kotze und ihren Exkrementen“, kommentiert der Fragesteller, der selbst politischer Häftling war.
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Die Häftlingsarbeit war schwerste Arbeit unter erschwerten Bedingungen. Die Arbeitsnorm der Häftlinge lag deutlich höher als diejenige in gewöhnlichen Fabriken. Die Maschinen waren noch schlechter, der Arbeitsschutz praktisch nicht existent. Dementsprechend seien in der Häftlingsarbeit auch „signifikant mehr Arbeitsunfälle vorgekommen als außerhalb der Mauern“, sagt Wunschik. Der Historiker ist Autor einer Studie zum Ost-West-Handel, die er jüngst in der Gedenkstätte in einem Vortrag vorstellte. Das Billiglohnland DDR verhalf nach Einschätzung Wunschiks Ikea im Westen zum Durchbruch. „Ohne seine günstigen Zulieferer aus Polen und der DDR hätte Ikea vermutlich seine heutige Marktposition nicht erreicht.“
Richard Rabensaat
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