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Ministerin Wanka für „sozialverträgliche“ Studiengebühren / Kritik von Grünen, PDS und Studierenden

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Ministerin Wanka für „sozialverträgliche“ Studiengebühren / Kritik von Grünen, PDS und Studierenden Die neuerliche Debatte um die Studiengebühren hat auch Brandenburg erreicht. Während man bei CDU und SPD im Land Studiengebühren nicht mehr kategorisch ausschließen möchte, bleiben die Grünen, die PDS sowie die Studierendenvertreter bei der Ablehnung der Gebühren. Kein Sommertheater das Ganze, immerhin geht es um Summen von 500 bis 1000 Euro pro Semester. Auslöser der aktuellen Debatte ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gegen die Juniorprofessur. Nun wird erwartet, dass Karlsruhe nach Klagen Unionsgeführter Länder im November auch das bundesweite Verbot von Studiengebühren kippen wird. Studiengebühren in Form zinsgünstigen Darlehen, die nach dem Studium bei entsprechendem Einkommen abgezahlt werden, hält Brandenburgs Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) für eine sinnvolle Lösung. Einen Alleingang Brandenburgs schließt die CDU-Politikerin allerdings definitiv aus. Eine Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Ländern müsse vermieden werden. Auch Wankas Parteikollegin, die Potsdamer Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche setzt sich seit längerem schon für Studiengebühren ein. Nach ihrer Vorstellung soll bei den Finanzierung die Kreditanstalt für Wiederaufbau eine entscheidende Rolle spielen. Brandenburg werde nun die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes abwarten, erklärte Ministeriumssprecher Holger Drews gegenüber den PNN. Auf alle Fälle müssten Studiengebühren „sozialverträglich“ sein, durch die Gebühren dürfe niemand vom Studium ausgeschlossen werden. Zudem sei es wichtig, dass die Mittel aus den Gebühren direkt den Hochschulen zugute kommen. Dies sei schon bei der derzeitigen „Rückmeldegebühr“ von 51 Euro pro Semester gewährleistet, betonte Drews. Was von Studierendenvertretern allerdings immer wieder angezweifelt wird. Auch in die SPD ist in die Gebührenfrage Bewegung gekommen. Während Bundesforschungsministerin Bulmahn Studiengebühren nach wie vor kategorisch ausschließt, denkt Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) schon seit einiger Zeit laut über eine solche Abgabe nach. Er sei sich sicher, dass die Gebühren über kurz oder lang kommen werden, sagte er unlängst vor Studierenden. Einem „sozialverträglichen Modell“, bei dem niemand nach dem Studium auf unbezahlbaren Schulden sitzen bleibe und dessen Geld ausschließlich an die Hochschulen gehe, dem würde auch Platzeck zustimmen. Platzecks Parteigenossin, die Potsdamer Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein steht der Sache ebenso offen gegenüber. „Denkbar sind für mich nachgelagerte Studiengebühren beziehungsweise Studienkontenmodelle, die ein festgelegtes Bildungsguthaben garantieren“, sagte sie den PNN. Entscheidend sei allerdings die Frage der Chancengleichheit beim Zugang zum Erststudium: „Das muss für mich gewährleistet sein.“ Grundlegend sei in der Frage eine bundeseinheitlich Regelung notwendig. Weiterhin ablehnend steht Brandenburgs PDS den Gebühren gegenüber. Der bildungspolitische Sprecher Andreas Trunschke wies dabei auch darauf hin, dass Brandenburg in seinem Hochschulgesetz einen eigenen Passus gegen Studiengebühren festgeschrieben habe, einst auch mit den Stimmend er SPD. Studiengebühren sind für Trunschke der falsche Weg: Wer keine reichen Eltern habe, gehe mit einem hohen Schulden aus dem Studium heraus. Wenn man bedenke, dass Hartz IV einerseits vorsieht, auch Sparbücher der Kinder bei der Unterstützung Arbeitsloser heranzuziehen, andererseits aber gesagt werde, dass die Bürger für die Bildung ihrer Kinder zu zahlen haben, dann wird für Trunschke an diesem Punkt die Politik „unredlich“. Auch Brandenburgs Grüne fordern, dass die Hochschulfinanzierung weiter öffentliche Aufgabe bleiben müsse. „Dies darf nicht auf die Schultern der Studierenden abgeladen werden“, sagte der Grünen-Landesvorsitzende Joachim Gessinger. Studiengebühren führten nicht zu einer besseren Ausstattung der Hochschulen und bevorzugten außerdem Kinder von Besserverdienenden. Durch ein „Bezahlstudium“ werde die ohnehin bestehende soziale Schieflage an den Universitäten verstärkt, betonte Gessinger. Für Arne Karrasch vom AStA der Universität Potsdam sind Studiengebühren „per definitionem nicht sozialverträglich.“ Einen verzinsten Kredit nach dem Studium abzahlen zu müssen, ist für den hochschulpolitische Referenten des Studierendenausschusses das Gegenteil von „sozialverträglich“. „Jedes Modell bedeutet nichts anderes, als dass es sich reichere Schichten leisten können zu studieren und ärmere vom Studium abgeschreckt werden“. Nachlaufende Gebühren sind für Karrasch „nichts anderes als ein Studium auf Kredit“. Zudem würden die hohen Kosten eine kritische und innovative Wissenschaft – die Zeit brauche – für mittellose Studenten unmöglich machen. Auch das Deutsche Studentenwerk (DSW) hat indes eindringlich vor einer drohenden Schuldenfalle bei Einführung von Studiengebühren gewarnt. Bafög-Empfänger müssten beispielsweise nach den derzeit in der Union diskutieren Studiengebühren-Kreditmodellen mit einer Darlehensschuld von 21 000 Euro nach Abschluss ihres Studiums rechnen, so DSW-Präsident Hans-Dieter Rinkens. Ein junges Akademikerpaar, das in seiner Familiengründungsphase zunächst über 40 000 Euro Ausbildungs-Schulden abtragen müsse, sei bei keiner Bank mehr kreditwürdig.

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