Landeshauptstadt: Stunde der Entscheidung
Fast alle Stadtverordneten begrüßen die von Hasso Plattner angebotene Kunsthalle – auch die Linke
Stand:
Am liebsten hätte Hans-Jürgen Scharfenberg das Thema Kunsthalle vertagt. Das ließ der Linke-Fraktionschef in der Stadtverordnetenversammlung am Mittwochabend zu Beginn einer denkwürdigen Debatte durchblicken. Erst im Hauptausschuss der Stadtverordneten in einer Woche wollte Scharfenberg die Offerte von Software-Milliardär und Mäzen Hasso Plattner diskutiert wissen. Doch daraus wurde nichts – Scharfenberg und seine Fraktion mussten sich entscheiden. Die spannende Frage war: Würde ein gemeinsamer Beschluss aller Stadtverordneten, das Angebot von Plattner zu begrüßen, womöglich an den Linken als größter Oppositionspartei scheitern?
Die Antwort lautete nach gut einer Stunde: Nein. Dabei war die Ausgangslage schwierig. Es gab zwei Anträge zur Kunsthalle. Einen von SPD, CDU und fast allen anderen Fraktionen. Und einen von den Linken. In beiden Anträgen stand, Plattners Angebot werde „begrüßt“. Der große Unterschied: Die Linke drängte in ihrem Antrag auf einen Standort, der „nicht Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzungen wird“. Eine Fixierung auf den Standort des Hotel Mercure wollte die Linke vermeiden. Plattner aber favorisiert gerade dieses Areal als Platz für die Kunsthalle. Und auch eine Mehrheit der Stadtverordneten kann sich für den Plan begeistern, das 17 Stockwerke hohe „Mercure“ abzureißen, damit dort eine Kunsthalle in moderner Architektur vis-a-vis zum Landtagsschloss entstehen kann.
Das weiß Scharfenberg. Daher betonte er, es dürfe keine Vorfestlegung auf einen Standort geben. Die vorgeschlagenen anderen Areale für die Kunsthalle – die Speicherstadt, die Schiffbauergasse oder der Blücherplatz beim Alten Markt – müssten ernsthaft geprüft werden. Für das Mercure gebe es verschiedene Bewertungen, vom „Schandfleck“ bis zur „wichtigen städtebaulichen Dominante“. Scharfenberg verwies auch auf die „interessante Debatte“, das Hotel als innerstädtisches Studentenwohnheim zu nutzen. Dies alles wolle er im Hauptausschuss diskutieren.
Vor einer Vertagung warnten aber SPD-Chef Mike Schubert und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Das Stadtparlament müsse „heute ein Signal senden“, so Schubert. Jakobs sagte, eine Vertagung könne missverstanden werden. Er erinnerte an einen 2004 gefassten Beschluss, die Einrichtung einer Kunsthalle in Potsdam voranzutreiben. Plattners Offerte sei „einmalig“, diese Chance könne ergriffen oder zerredet werden, so Jakobs.
Doch nun sprachen jene, die das Geschenk Plattners auch bereit sind auszuschlagen. So Hannes Püschel von der Fraktion Die Andere: Er behauptete, Plattners Firma „SAP“ sei gewerkschafts- und betriebsratsfeindlich. Und er ätzte, für „hungernde Kinder“ hätten die Stadtverordneten kein Geld übrig. Ute Bankwitz vom Bürgerbündnis sagte, für solche Ausführungen müsse sie sich „fremd schämen“. Sie bitte, solche Redebeiträge zu „unterbinden“. Stadtverordnetenpräsident Peter Schüler (Grüne) hingegen sagte, auch solche „sehr anderen“ Meinungen seien Bestandteil des Stadtparlaments. CDU- Kulturdezernentin Iris Jana Magdowski nannte es „vorbildlich, wenn Menschen mit einem großen Vermögen einen Teil davon an die Gemeinschaft zurückgeben“. Die Kunsthalle sei für Potsdam eine „Jahrhundertchance“. Jens Gruschka von den Linken kritisierte wiederum, er finde es „erschreckend“, wie die Stadtpolitik ihre „Waffen“ vor einer Person strecke. Plattner gebe der Gemeinschaft nichts zurück, wenn er selbst über sein Geschenk entscheide – „eine Halle nach seinem Gusto.“ An diesem Punkt beschloss eine Mehrheit der Stadtverordneten – gegen die Stimmen der Linken und von Präsident Schüler–, die Debatte zu beenden. Gruschka ging. Jakobs schlug eine „Auszeit“ vor. Es folgten minutenlange Gespräche, erst im Hinterzimmer, dann im Plenum. Scharfenberg redete ernst mit seiner Fraktion.
Schließlich ging die Sitzung weiter – mit einer Einigung. Den Text dafür hatte das Bürgerbündnis vorgeschlagen. Ausdrücklich wird darin die Offerte von Plattner „begrüßt“. Damit werde das Kulturangebot in Potsdam bereichert und eine lang beklagte Lücke geschlossen. „Alle bisher in Rede stehenden Standorte für die Halle sollen ergebnisoffen untersucht und der Stadtverordnetenversammlung im Juni vorgelegt werden“, lautet die entscheidende Passage. Scharfenberg sagte dazu, dieser „nüchterne Text“ eröffne die Möglichkeit, den Antrag der Linken zur Kunsthalle zurückzuziehen. Als er das sagte, pochten die meisten Stadtverordneten zustimmend auf ihre Tische. Die einzigen zwei Gegenstimmen zu dem Kompromiss kamen von Die Andere. Drei Linke enthielten sich. Jakobs freute sich über das Votum: „Wir werden alles daransetzen, dass diese Kunsthalle errichten werden kann.“
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