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Sieht auf den ersten Blick, was passt: Timo Brunner, 33, leitet in Potsdam den Friseursalon Trio-Hair. Auf der Fashion-Week wird er Models für Michalsky stylen.

© Julius Frick

Landeshauptstadt: Stylen im Akkord

Der Potsdamer Friseur Timo Brunner frisiert bei der Fashion Week für den Berliner Designer Michalsky

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Er habe einen Helikopterblick, sagen die Kollegen von Timo Brunner. Der Potsdamer Friseur erklärt: Wenn bei ihm ein Kunde oder eine Kundin den Salon betritt, wird er sofort von Brunner gescannt. „Ich schau mir an – wie groß ist sie, welche Kleidung trägt sie? Welches Styling könnte also zu ihr passen?“ Seinen eigenen, unangepassten Wohlfühl-Stil hat der 33-Jährige längst gefunden. Timo Brunner trägt Schiebermütze, darunter Stoppelhaar und Dreitagebart, Tattoos, ein Piercing und Turnschuhe. Genau so wird er am Freitag auch bei der Fashion Week in Berlin arbeiten und im Tempodrom für den Designer Michael Michalsky Models im Akkord stylen. Er freue sich darauf, auch wenn er hinter her fix und fertig sein werde und wie meist nach einem Bier von der After-Show-Party schnell verschwinde.

Timo Brunner, Franchiseunternehmer und Leiter eines Salons von Trio Hair in der Friedrich-Ebert-Straße, ist zum fünften Mal dabei. Mit 14 Kollegen aus dem Team des Industriepartners Wella wird er die Jungs und Mädels schick machen, bevor sie auf den Laufsteg rausgehen. Er wird seine eigenen Scheren und Bürsten mitnehmen, denn letztlich ist er ein Handwerker. Gelernt hat Brunner den Beruf erst nach einigen Umwegen. Doch schon zu Beginn seines Praktikums bei einem Salon in Hannover wusste er: Das ist es. „Es war Liebe auf den ersten Schnitt“, sagt Brunner und grinst. „Ich finde, es muss sofort klicken – ohne Leidenschaft kann man in diesem Beruf nicht gut sein.“

In Potsdam ist Brunner noch gar nicht so lange. Nach einem Fachabitur für Gestaltung begann er eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann. „Ich wollte aber nicht immer im Büro sitzen, merkte ich schon nach wenigen Wochen.“ Mit 23 Jahren begann er die Friseurlehre, stieg zunächst auf zum „Top-Stylisten“ und wurde dann Salonleiter in Hannover. Und wollte irgendwann weg. In Berlin waren schon genug Friseure, aber Potsdam, die kleine Perle daneben, fand er gut. Die Kunden – Kinder, Familien, Businessfrauen, Senioren – seien nicht so zwanghaft den Stilvorgaben verfallen, eher entspannt. 2010 begann er mit drei Kollegen in einem ehemaligen Modeladen, musste sich einen neuen Kundenstamm aufbauen. Das hat geklappt, selbst aus der Hauptstadt kommen Kunden. „Er schneidet super, mein Sohn war auch schon hier und ist ganz begeistert“, sagt eine Berlinerin.

Mittlerweile sind sie elf Kollegen im Salon, Friseure, Make-Up-Artists, dazu kommt ein Azubi. Es laufe gut, sagt er, er wird wohl in Potsdam bleiben und sich irgendwann vergrößern. In Berlin erwatet ihn zunächst ein harter Tag. „Das ist Fließbandarbeit, mehrere Stunden lang“, sagt Brunner. Welche Frisur er den Modells verpasst, das entscheiden die Style-Berater von Michalsky. In diesem Jahr, vermutet der Potsdamer Friseur, wird es um klassische Hochsteckfrisuren gehen. „Ich mag ja lieber den natürlichen Look“, sagt er, aber es sei eine spannende Herausforderung und ein gutes Training für Brautfrisuren. Ob er auch Make Up macht? Brunner schmunzelt, die Kollegen lachen. „Naja, das ist nicht so meins“, sagt er. Er bleibt bei den Haaren.

Neben seinem Alltagsjob im Salon ist er regelmäßig als einer der fünf sogenannten Trendcoaches in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs, fährt zu internationalen Messen, arbeitet auf Schulungen als Ausbilder. Dass der Mindestlohn kommt, findet er super. Seine Mitarbeiter verdienen aber schon jetzt mehr und bekommen zusätzlich Provision. „Aber dennoch ist der Friseur gemeinsam mit dem Floristen in der Nahrungskette ganz unten“, sagt er zu den Verdienstmöglichkeiten in der Branche.

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