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PYAnissimo: Subotnik mit Flex und Glööckler

In Potsdam werden jetzt Sponsoren für eine Entrümpelungsaktion gesucht. Das Treppengeländer im Museum, ein mehretagiges mannshohes Gitterkonstrukt, soll abgerissen werden.

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In Potsdam werden jetzt Sponsoren für eine Entrümpelungsaktion gesucht. Das Treppengeländer im Museum, ein mehretagiges mannshohes Gitterkonstrukt, soll abgerissen werden. Das haben die Stadtverordneten vor über einem Jahr beschlossen. Nur das Geld dazu fehlt noch, 50 000 Euro, Pillepalle eigentlich. Aber weil es bereits 30 000 Euro gekostet hat, das Ding einzubauen, kann man auch verstehen, wenn die Stadt diesbezüglich mal das Portemonnaie zuhält. So weit geht doppelte Buchführung nun auch wieder nicht. Ich meine, den Rückbau bekommt man auch für weniger. Es braucht nur einen Bürgeraufruf: Wer schon immer mal mit einer Flex ungehemmt hantieren wollte, der kann hier loslegen. Vielleicht findet sich auch noch ein Baumarkt („Es gibt immer was zu tun“), der hierfür Geräte zur Verfügung stellt. Ich kann aber nicht sagen, ob so ein Subotnik als Rückbau-Mäzenatentum gilt.

Alternativ wäre eine Zweitverwertung der abgeflexten Gitterelemente denkbar. So wie derzeit in der Breiten Straße, wo die Wetterfahne der Garnisonkirche inklusive goldener Krone hinter Gittern ausgestellt wird. „Vitrine für temporäre Präsentation“ heißt der Käfig. Der auch schon wieder eingezäunt gehört, denn der Sockel ist graffitibeschmiert und oben haben Witzbolde ein Schild „Achtung Starkstrom“ drangeknüpft.

Das muss man verstehen. Wer in der DDR lebte, der hat eine Allergie gegen Absperrungen jedweder Art. Hier ist selbst jeder mickrige Gartenzaun Sprengstoff. Weil es auf der anderen Seite immer schöner und grüner ist, sich dort Wasserwege, Weltkulturerbegestrüpp oder andere Begehrlichkeiten befinden. Deshalb wird der Zaun des Anstoßes gern bekämpft.

Laut Wikipedia ist ein Zaun allerdings eine Einfriedung. Er regelt Verantwortlichkeiten, Funktionen der betroffenen Bereiche und markiert bisweilen auch Eigentumsverhältnisse. Fehlt er, kann es manchmal auch zu ganz überraschenden Problemen führen. Unsere Nachbarn die Straße runter haben auch keinen Zaun vor ihren beiden Häusern. Sie teilen sich den Vorgarten. Manchmal stehen beide Männer schwatzend sich gegenüber, jeder ordentlich auf seiner Seite. Bisweilen stützen sich beide auf den Lampensockel, der mittig im Vorgarten steht. So gehts einem, wenn es für den Plausch am Zaun keinen Zaun mehr gibt.

Zum Tag der Architektur am 26. Juni veranstaltet die Stadt übrigens Führungen an der „Vitrine für temporäre Präsentation“. Ich bin gespannt, wie man sich das vorstellen darf. Eine Art Reise nach Jerusalem um die Zelle? Oder konnte der Designer und Bald-Potsdamer Harald Glööckler als sachkundiger Einwohner für einen Grundkurs in Krönchenkunde gewonnen werden?

Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg

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