
© Andreas Klaer
Von Henri Kramer: Suchen, suchen, suchen
Mit dem Projekt „Junges Wohnen“ soll Jugendlichen geholfen werden, eine Unterkunft zu finden
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Es geht um einen Notfall: Ein junger Potsdamer Auszubildender steht kurz davor, seine Unterkunft zu verlieren. Bisher hat er in einer Wohngemeinschaft (WG) gelebt, doch mit seinem Mitbewohner hat er sich zerstritten. Der sitzt wegen des auf ihn verfassten Mietvertrags am längeren Hebel und hat dem Azubi ganz legal gekündigt. In einigen Tagen muss er raus.
Die Geschichte beschäftigt Sebastian Karnstaedt auch beruflich. Der 20-Jährige macht seine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten im Potsdamer Rathaus, arbeitet im Bau-Ressort – und ist einer der Azubis, die das seit kurzem bestehende Projekt „Junges Wohnen“ betreuen. Sebastian Karnstaedt soll junge Wohnungssuchende bei allen Fragen rund um Mietvertrag, Kaution und Co. beraten – und ihnen helfen, in der Landeshauptstadt eine günstige Unterkunft zu finden.
Das ist kein einfaches Unterfangen in einer Stadt wie Potsdam. Kontinuierlich zieht die Landeshauptstadt neue Einwohner an: Zum 1. Januar hatten hier 155 354 Menschen ihren Wohnsitz, rund 2000 mehr als noch im Vorjahr. Der Boom hat Folgen, seit Jahren sinkt die Zahl freier Wohnungen auf laut Statistik der Stadtverwaltung zuletzt weit unter 1000. Nach Analysen aus dem Rathaus sind vor allem kleine, auch für junge Menschen bezahlbare Wohnungen rar, schnelle Besserung ist nicht in Sicht.
An dieser Stelle setzt das „Junge Wohnen“-Projekt an: Es soll die Not nicht heilen, aber lindern helfen. Dafür kooperiert das Rathaus mit dem städtischen Unternehmensverbund Pro Potsdam und bietet einige Wohnungen aus dessen Bestand speziell für WGs an – zu besonderen Konditionen. So müssen die Neumieter – anders als sonst in Potsdam üblich – als Kaution bloß eine Kaltmietenrate zahlen, also nur einen Betrag von bis zu 400 Euro. „Konkret bieten wir Zwei- bis Vier-Raum-Wohnungen zwischen 50 und 70 Quadratmetern an“, erklärt Sebastian Karnstaedt. Die Adressen der Apartments würden vor allem im Plattenbaugebiet am Schlaatz liegen – als weiterer Vorteil für diese Lage wird auf dem Werbe-Flyer für das „Junge Wohnen“-Projekt die „gute Verkehrsanbindung zur Arbeit“ erwähnt. Karnstaedt sagt, meist würden Wohnungen in den Obergeschossen angeboten – da diese für Rentner und Familien mit kleinen Kindern wegen der vielen Treppen nicht geeignet und daher oft nicht ganz so begehrt seien. Weitere Kooperationen für Wohnungen anderer Genossenschaften seien geplant, heißt es aus dem Rathaus weiter.
Die verfügbaren Wohnungen werden auf einer Liste verwaltet. Melden sich Interessenten, lädt Karnstaedt sie zu einem zentralen Termin ins Stadthaus ein – „damit sich die potenziellen Mitbewohner schon einmal gegenseitig beschnuppern können“. Ebenso könnten sich auch Gruppen melden, die sich bereits entschlossen hätten, eine WG zu gründen. Priorität würde vor allem auf Azubis im Alter bis zu 27 Jahren gelegt, da diese im Vergleich zu Studenten – denen bereits das Studentenwerk helfe – noch weniger Chancen auf dem Potsdamer Wohnungsmarkt besitzen würden.
Ein weiterer Aspekt von Karnstaedts Arbeit: Er berät zu der Frage, welche Vertragsform beispielsweise WGs für ihr künftiges Miteinander aufsetzen sollten. „Gerade erstellen wir für Fragen, die bei der ersten eigenen Wohnung zwangsläufig auftauchen, einen Extra-Ratgeber.“ Die Broschüre soll im Frühjahr vorliegen – und Jugendliche auch vor Blauäugigkeit schützen. Wie im Fall des jungen Azubis, der bald aus seiner Wohnung muss und der sich nun an Sebastian Karnstaedt gewandt hat. Noch in dieser Woche soll er bei einem Gespräch mögliche neue Mitbewohner kennenlernen – und vielleicht bald zwischen neuen vier Wänden leben.
Ein kleiner Erfolg wäre es, sollte das klappen. Dennoch gibt sich Sebastian Karnstaedt realistisch, was das Projekt „Junges Wohnen“ in der Lage ist, zu leisten: „Das große Problem Wohnungsmangel werden wir wohl nicht lösen können.“
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