Landeshauptstadt: Synagoge in der Warteschleife
Seit Jahren wird um den Neubau eines jüdischen Gotteshauses in Potsdam gerungen. Die neue Landesregierung muss entscheiden
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Innenstadt - Über die Zukunft der Potsdamer Synagoge wird frühestens im Dezember entschieden. „Ich rechne nicht damit, dass es vor Ende des Jahres eine Festlegung über das weitere Verfahren geben wird“, sagte Martin Gorholt (SPD) den PNN auf Anfrage. Er ist derzeit noch Staatssekretär im Brandenburger Kulturministerium und damit zuständig für den Synagogenbau. Ob er es auch in der künftigen Regierung sein wird, ist noch unklar – die rot-roten Koalitionsverhandlungen laufen noch.
Im Juli dieses Jahres hatte Gorholt in dem seit Jahren andauernden Streit um die Synagoge die Reißleine gezogen und das Projekt auf Eis gelegt. Die drei jüdischen Gemeinden sind sich uneins über die Gestaltung des Gotteshauses, die Raumaufteilung und die künftige Trägerschaft. Nachdem auch ein überarbeiteter Entwurf des Architekten Jost Haberland sowie Gorholts Vorschlag, eine Stiftung als Träger einzusetzen, gescheitert waren, hatte der Staatssekretär das Projekt auf die Zeit nach der Landtagswahl verschoben.
Dass auch die künftige Landesregierung die nötigen Gelder zur Verfügung stellen wird, gilt als sehr wahrscheinlich – bislang standen 4,5 Millionen Euro zur Verfügung. Allerdings glaubt mittlerweile keiner mehr an eine Einigung. Eine der Möglichkeiten wäre nun, das Projekt nur mit der größten der drei Gemeinden, der Jüdischen Gemeinde Potsdam, zu realisieren und anschließend zu versuchen, die beiden anderen mit ins Boot zu holen. Ob dies gelingen würde, ist allerdings fraglich. Wahrscheinlicher sind Klagen vor Gericht und öffentlichkeitswirksame Proteste.
Dennoch hat Brandenburg ein Interesse daran, in Potsdam eine Synagoge zu bauen. Seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es im ganzen Land kein jüdisches Gotteshaus mehr, die Landeshauptstadt sollte das erste bekommen. Das ist nun ohnehin nicht mehr zu schaffen: Cottbus hat Potsdam überholt. Die Landesregierung hat dort eine evangelische Kirche gekauft und stellt sie der jüdischen Gemeinde zur Verfügung. Am 21. September wurde die Cottbuser Schlosskirche mit einem Gottesdienst entwidmet, nun soll sie zur Synagoge umgestaltet werden. Zunächst war angedacht, sie am 9. November als jüdisches Gotteshaus zu eröffnen. Dies ist aus Sicht mehrerer Beteiligter aber zeitlich nicht mehr zu schaffen. Angestrebt wird nun der 27. Januar, der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.
Die alte Potsdamer Synagoge stand neben der Post am Wilhelmplatz, dem heutigen Platz der Einheit. 1938 wurde sie von den Nationalsozialisten geschändet und die Gemeinde gezwungen, das Gebäude zu verkaufen. Während des Krieges wurde die Synagoge durch Brandbomben zerstört – heute erinnert eine Gedenktafel an einem der Wohnhäuser an den Standort. Das neue Gotteshaus sollte an einem der letzten Filetgrundstücke in der Potsdamer Innenstadt entstehen, nämlich an der Ecke Schloßstraße/Friedrich-Ebert-Straße. Bis vor wenigen Jahren stand dort noch der in den 70er-Jahren errichtete Plattenbau der DDR-Wasserwirtschaft, er wurde eigens für den geplanten Neubau abgerissen.
Doch an dem 2009 vorgestellten Entwurf des Architekten Jost Haberland entzündete sich ein Streit. Sprachrohr der Kritiker war von Anfang an der aus Israel stammende Dirigent Ud Joffe. Das von Haberland ersonnene Gebäude habe keine Ausstrahlung, es erinnere eher an einen Verwaltungsbau als an eine Synagoge, kritisierte er. Joffe gründete eine neue jüdische Gemeinde – die Synagogengemeinde, neben der von vielen Ukrainern geprägten Jüdischen Gemeinde Potsdam und der streng orthodoxen Gesetzestreuen Landesgemeinde Brandenburg ist es die dritte in der Landeshauptstadt. Unterstützt werden die Jüdische Gemeinde Potsdam und die Synagogengemeinde jeweils von einem nicht-religiösen Verein aus Potsdamer Bürgern. Im Juni 2011 verhängte die Landesregierung einen Baustopp.
Seitdem gab es zahllose Runde Tische, Versöhnungsrunden und Mediationsverfahren, die allesamt scheiterten. Im Frühjahr hatte Architekt Jost Haberland zuletzt einen überarbeiteten Entwurf vorgelegt, der mit einer Art Goldkrone deutlich sakraler daherkommt als die nüchtern-moderne Erstfassung. Doch auch dieser Kompromissvorschlag eint die Gemeinden nicht – die Fronten bleiben verhärtet. Ein Ende des Streits ist nicht in Sicht.
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