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Landeshauptstadt: Synagogenstreit eskaliert erneut

Verhältnis zwischen den jüdischen Gemeinden zerrüttet / Neuer Termin mit Zentralratschef Kramer

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Der Synagogenstreit eskaliert weiter, ein Kompromiss wird unwahrscheinlicher: Das Verhältnis zwischen der Jüdischen Gemeinde und der Synagogengemeinde, die sich nach dem Baustopp für die Synagoge auf ein Nutzungskonzept einigen sollen, ist offenbar zerrüttet. Das geht aus einem Schreiben der Jüdischen Gemeinde an das Land und dem Briefwechsel zwischen den Gemeinden hervor.

In einem Brief an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zeigt sich Michail Tkach, der stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Potsdam, „bitter enttäuscht“ von der bisherigen Entwicklung. Der Synagogengemeinde um Ud Joffe, auf deren Kritik hin das Synagogen-Bauprojekt nach dem Entwurf von Jost Haberland auf Eis gelegt wurde, wirft Tkach „Erpressung“ vor. Er bezeichnet die Synagogengemeinde als „eine Handvoll Menschen, denen die Bedürfnisse und Anliegen der Potsdamer Juden egal sind“. Zudem räumt er ein, dass die Jüdische Gemeinde sich nur auf das Moratorium des Landes eingelassen hat, weil sie davon ausging, dass bei Scheitern der Schlichtungsgespräche „der Haberland-Entwurf weiter geführt würde“.

Ud Joffe kritisiert seinerseits die Äußerungen Tkachs und fordert vor weiteren Verhandlungen zum Synagogenkonzept ein Treffen der Gesamtvorstände. Dabei müsse die „grundsätzliche Einstellung über Zusammenarbeit der beiden Gemeinden“ geklärt und ein Verfahren zur Findung des Nutzungskonzepts besprochen werden, heißt es in einem Brief an Tkach.

Joffe wirft der Jüdischen Gemeinde außerdem vor, „kein Mitspracherecht und kein Mitgestaltungsrecht bei dem Projekt Synagoge“ zulassen zu wollen. Das hätte die bisherige Entwicklung gezeigt. Er beklagt „persönliche Angriffe und Beleidigungen“ seitens der Jüdischen Gemeinde, auch erfahre er je nach Ansprechpartner „seit Monaten widersprüchliche, verwirrende und unklare Positionen“.

Gleichzeitig hält der Synagogen-Förderverein an seiner für den morgigen Sonntag um 17 Uhr angekündigten Veranstaltung als Auftakt der Reihe „Brandenburg baut seine Synagoge“ fest. Wie berichtet hatte es daran scharfe Kritik von der Jüdischen Gemeinde und dem Synagogen-Bauverein gegeben. Tkach hatte Potsdamer und Brandenburger Juden zum Boykott aufgerufen und sprach von einer „erheblichen Belastung“ für die Verhandlungen zwischen den Gemeinden, sollte die Veranstaltung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte am Neuen Markt stattfinden.

Wie Fördervereinschef Ulrich Zimmermann den PNN sagte, werde man am Sonntag „aus Respekt davor, dass es andere Empfindungen gibt“, keine Aussagen über den Synagogenneubau treffen. Im Mittelpunkt werde ein Vortrag über die alte Potsdamer Synagoge am Wilhelmplatz, heute Platz der Einheit, stehen. Der Förderverein respektiere, dass die Debatte um das Nutzungskonzept zwischen den Gemeinden geführt werden müsse. Gleichzeitig wolle man aber den Prozess „unterstützen“ und möglichst transparent führen – so werde am Sonntag auch ein russischer Dolmetscher anwesend sein.

Kritik daran kam indes von Martin Gorholt, dem Staatssekretär im brandenburgischen Kulturministerium. „Beide Vereine, der Förderverein und der Bauverein, können eine wichtige Rolle spielen – aber erst dann, wenn sich die jüdischen Gemeinden auf ein Konzept geeinigt haben“, betonte er gegenüber den PNN. Das Land will die jüdischen Gemeinden und Stephan J. Kramer, den Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ende August zu einem Gesprächstermin einladen, um den Stand der Verhandlungen zu besprechen, so Gorholt. Kramer hatte bereits früher als Vermittler im Synagogenstreit gewirkt.

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