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Tante Antje-Haube und eine putzige Sprache. Mit insgesamt 150 Niederländern wurde das Tulpenfest noch holländischer.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Tante-Antje-Flair für 35 000 Besucher

Menschenmassen drängten sich beim Tulpenfest / Verein wehrt sich gegen Kritik am Holländischen Viertel

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Innenstadt - „Das Holländische Viertel ist kein Disneyland und auch kein reines Einkaufsviertel, sondern ein Viertel, in dem Leben ist“, beschied Hans Göbel seinem Quartier. Der Vorsitzende des Vereins zur Förderung niederländischer Kultur in Potsdam sorgte am vergangenen Wochenende für noch mehr Leben. Über 35 000 Besucher kamen zum vereinsorganisierten Tulpenfest – die Veranstaltung ist im 14. Jahr des Bestehens.

Von den Problemen innerhalb des Holländischen Viertels ließ sich am Festwochenende kaum etwas erahnen. Erst vor wenigen Wochen gingen Händler im Viertel an die Öffentlichkeit, um vor dem um sich greifenden Geschäftsleerstand zu warnen. So kritisierte Herrenausstatter Enrico Knuth das Marketing für das Viertel, das jahrelang nur auf Berliner und Touristen fokussiert gewesen sei, sich aber nicht um die Potsdamer gekümmert habe (PNN berichteten). „Geschäftswechsel kennen wir seit 1990, das ist also nichts Neues“, so Göbel. Das Holländische Viertel sei noch nie ein Einkaufsgebiet für die Potsdamer gewesen“, so Göbel. Händler, die in den roten Backsteinhäusern ihre Geschäfte eröffneten, müssten sich eben im Vorfeld über die Gegebenheiten informieren. Es sei bedauerlich, dass die Kritiker nur einseitig ihre Interessen verfolgen würden, jedoch „nicht gewillt sind, beispielsweise Anwohnerinteressen miteinzubeziehen“. Göbel ist auch Viertelbewohner und Hauseigentümer.

Der Vereinsvorsitzende erteilte auch einem vollständigen Autoverbot in den Straßen eine Absage. „Dann verliert das Viertel an Wohnqualität.“ Allerdings ließe sich über ein zeitweiliges Verbot an Wochenenden durchaus sprechen, doch müsse man das Gespräch dann auch suchen. „Von den Kritikern ist bislang niemand auf mich oder den Verein zugekommen.“ Immerhin, gesprochen wird mittlerweile trotzdem. Derzeit treffe man sich regelmäßig mit der Stadtverwaltung, um die Attraktivität des Viertels zu steigern.

An der Attraktivität des Tulpenfests indes ist nicht zu rütteln. Menschenmassen drängten sich an beiden Tagen durch die engen Gassen. Über 150 Niederländer mit Traditionshandwerk oder Kulturbeiträgen gaben dem Fest ein noch stärkeres Tante Antje-Flair als in den Vorjahren. Vor 14 Jahren konnte man lediglich 23 Holländer für das Tulpenfest begeistern. Gartenfirmen, allen voran der holländische Keukenhof, der in diesem Jahr sein 60-jähriges Jubiläum feiert, verkauften und verteilten rund 100 000 Tulpen. Traditionell fand im Rahmen des Fests wieder der „Queens Day“ statt, eine schräge schwullesbische Show, die mittlerweile als inoffizieller Bundesauftakt der Christopher Street-Day-Aktionen gilt.

„Das Fest ist in den Niederlanden mittlerweile gefragt“, sagte Pressesprecher Hans-Peter Gaul. Habe man früher noch um Teilnahme von Holländern bitten müssen, kämen jetzt mehr Anfragen als Platz sei. „Zudem“, so Göbel, „müssen wir als Verein für die Reise- und Veranstaltungskosten in Vorkasse gehen, da ist mehr nicht leistbar.“ Etwa 80 000 Euro kostet die Ausrichtung des Fests, dass sich lediglich aus den Eintrittseinnahmen finanziert. Kay Grimmer

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