
© Florian Devriel
Film über die Potsdamer Breakdance-Szene: Tanzen ohne Unterschied
Zwei Potsdamer haben einen Film über junge Breakdancer gemacht – und erzählen damit auch die unglaubliche Geschichte des Roma-Jungen Vule, dessen Familie eigentlich abgeschoben werden sollte.
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Potsdam - Knapp ein Jahr ist es her, dass Vules Geschichte in Potsdam die Runde machte. Der damals sechsjährige Roma-Junge aus Serbien sollte mit samt seiner Familie abgeschoben werden, doch eine örtliche Breakdance-Gruppe machte dagegen mobil. Schließlich war Vukain Brkic eine Art Star der Szene geworden, sogar gestandenen „Breakern“ verschlug es die Sprache, wenn der zierliche Junge die Tanzfläche betrat. Der Protest war erfolgreich, Brandenburgs Innenminister persönlich verfügte letztlich, dass Vule und seine Familie bleiben dürfen. Nun ist ein Film entstanden – über Vule und die anderen Jungs aus seiner Tanzgruppe „Kidz mit Style“. Am 11. März feiert er beim Hip-Hop-Festival HollyHood im Filmmuseum Premiere.
Hinter dem Projekt steckt einer von Vules Förderern, Robert Segner. Der Kulturarbeiter und Tanzpädagoge, der Vule und die anderen Jugendlichen im letzten Jahr trainierte, hat die Dokumentation gemeinsam mit dem Filmemacher Florian Devriel – Künstlername DevReel – produziert. Als Titel für ihren Film haben die beiden Potsdamer „Breakn“ gewählt – dabei geht es um viel mehr als nur um die Tanzform. So will der Film auch die Geschichte der fünf Protagonisten erzählen, jeweils ein Kapitel ist ihnen gewidmet.
Seit dem Tanzen ist vieles besser geworden, berichtet Nick in dem Film
So berichtet der 13-jährige Hamid Jafari aus Afghanistan von seiner Ankunft in Deutschland vor einigen Jahren. „Ich wusste nichts eigentlich, weil ich kein Deutsch konnte. Ich wusste nicht, was ich machen soll.“ In Parks sei er unterwegs gewesen und habe dort mit seinem Bruder gespielt. „Mehr nicht.“ Sein heutiges Leben fasst der Junge selbstbewusst so zusammen: „Jetzt bin ich in der sechsten Klasse, kann perfekt Deutsch und mache Breakdance.“ Besonders gut findet er, dass es beim Breakdance keinen Unterschied zwischen den Menschen gibt, ob sie hell- oder dunkelhäutig sind zum Beispiel. „Ist alles normal hier beim Breakdance. Nichts spielt eine Rolle.“
Auch Nick kommt zu Wort, auch er ist Mitglied der kleinen „Integrations-Breakdance-Gruppe“, die Robert Segner und seine Freunde letztes Jahr auf die Beine gestellt haben. Nick ist 15 Jahre alt, kommt ursprünglich aus Cottbus und lebt im Heim. „Seit dem Tanzen ist eigentlich so vieles besser geworden als früher“, sagt er. Es mache Spaß, unter Leuten zu sein, die einen motivieren. Und die einen nicht unterdrücken. „Ich hab durch das Tanzen mitbekommen, dass es totaler Schwachsinn ist, dass sich manche Leute über einen stellen.“
Und natürlich spricht auch Vule, der mittlerweile siebenjährige Junge aus Serbien. „Ich denke mir einfach nur neue Sachen aus und dann mache ich die irgendwo im Battle“, erklärt er seinen oft überraschenden Tanzstil. Und er sagt einen genauso einfachen wie bedeutsamen Satz: „Ein Leben ohne Breakdance ist nicht so gut.“
Das Tanzen hat Vules Zukunft gerettet
Tatsächlich hat ihm das Tanzen quasi die Zukunft gerettet – und die seiner Familie gleich mit. Denn Serben haben für gewöhnlich keine Chance auf Asyl in Deutschland, auch wenn sie aus derart ärmlichen Verhältnissen kommen und als Roma diskriminiert wurden wie die Brkics. Doch neben der Tatsache, dass Vules Vater Zoran schon wenige Monate nach seiner Ankunft einen Vollzeitjob gefunden hatte, war es vor allem Vules Integration in die Breakdance-Szene, die den Minister offenbar umstimmte.
Heute geht Vule zur Schule, in die erste Klasse, berichtet Robert Segner. Vater Zoran arbeitet weiterhin, Mutter Ivana macht einen Deutschkurs. Und Vule macht natürlich immer noch Breakdance, auch wenn gerade kein regelmäßiges Training stattfindet.
Ganz fertig ist der Film noch nicht, sagt Robert Segner, noch sitzen Florian Devriel und er am Schnitt. Bereits ansehen kann man sich hingegen den Trailer, darin werden vor allem Tanzszenen gezeigt. Der Trailer beginnt mit einem Satz von Hamid: „Wenn ich andere sehe, die breakdancen, dann möchte ich eigentlich immer mitmachen“, sagt er. In perfektem Deutsch.
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