Aus dem GERICHTSSAAL: Tatort: Haupteingang Filmmuseum
Opfer: Kein politisch motivierter Angriff / Verfahren ohne Auflagen eingestellt
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Zwei Gruppen junger Leute treffen in der Nacht des 17. Februar 2007 am Haupteingang des Filmmuseums aufeinander. Der eine Trupp kommt von der Wohnungseinweihungsfete eines Kumpels in Alt Nowawes, will im Palmenzelt am Hafen weiterfeiern. Der andere vergnügte sich im „Archiv“, nun soll es in der Spartakus-Disko hoch hergehen. Alle sind bereits mehr oder weniger alkoholisiert. Ein unabsichtlicher Rempler, die „Anmache“ eines Mädchens „mit hübschem Po“ reichen aus, schon brennt die Luft. Gegenseitige Pöbeleien machen die Runde. Dann liegt der dunkelhäutige Perry L. aus der Archiv-Clique am Boden. Jemand von der gegnerischen Seite soll ihm einen Tritt in den Rücken versetzt, ihn dann mit Fäusten und Füßen malträtiert haben. Es könnten auch mehrere Angreifer gewesen sein, vermutet Perry L. (24). „Flaschen flogen in unsere Richtung.“ Wegen diverser Prellungen sei er nach dem Übergriff eine Woche lang krankgeschrieben gewesen, so der eigens aus der Schweiz angereiste Betonsanierer im Zeugenstand. Auch ein Bekannter des Opfers, der helfend einschreiten wollte, wurde von den Kontrahenten leicht verletzt, berichtet der wortreich und selbstbewusst Agierende.
Auf der Anklagebank des Jugendschöffengerichts sitzen fünf Männer im Alter zwischen 17 und 21 Jahren. Alle kennen sich vom Fußballverein, haben – bis auf einen – Arbeit. Den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung bestreiten sie. Christian B., Kaufmann für audiovisuelle Medien, gesteht allerdings, er habe einen der Archiv-Besucher zu Boden gedrückt. Dieser hätte behauptet, ein Messer zu haben. Es wurde aber von der ziemlich schnell eintreffenden Polizei nicht gefunden. Hartz-IV-Empfänger Oliver B. beruft sich auf zu viel „Pfeffi“ und Billig-Bier, hat kaum noch eine Erinnerung an diese Nacht. „Der Dunkelhäutige kam auf mich zu. Wir haben uns ein bisschen geschubst. Kann sein, dass ich im Eifer des Gefechts gesagt habe: Scheiß-Nigger, was willst du hier?“, räumt der Angeklagte Stefan S. ein. „Ich bin aber nicht rechtsradikal.“ Beleidigungen der Gegenseite wie „Zecken“ und „Scheiß-Punks“ durch seine Kumpels habe er nicht vernommen.
„Das war kein politisch motivierter Angriff“ ist sich Perry L. sicher. „Die waren einfach nur betrunken.“ Weder er noch seine Freunde seien durch ihre Kleidung als „Linke“ erkennbar gewesen. Auch die Gruppe der Angeklagten war – wie Fotos in der Gerichtsakte belegen – ganz normal in Jeanshosen und -jacken unterwegs. Obwohl noch mehrere Zeugen gehört werden, gewinnt das Gericht keine Klarheit darüber, wer eigentlich was getan hat, stellt das Verfahren gegen das Quintett wegen geringer Schuld ein. Hoga
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