Von Erhart Hohenstein: Teeplatz für den König
Aussichtspunkt auf dem Marquardter Hasselberg sollte wiederhergestellt werden
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Im September 1796 erwies der bereits schwerkranke Friedrich Wilhelm II. ein Jahr vor seinem Todes einem Minister und Vertrauten Hans Rudolf von Bischoffwerder in dessen Marquardter Herrenhaus noch einmal die Ehre seines allerhöchsten Besuchs. Hier nahm er mehrfach in der Blauen Grotte des Schlossparks an Geisterbeschwörungen teil, die Bischoffwerder als Würdenträger des geheimnisumwobenen Rosenkreuzerordens für den König inszenierte.
In einem wieder aufgefundenen und erstmals 1893 im Jahresheft des stadtgeschichtlichen Vereins „Der Bär von Berlin“ ausgewerteten Brief gibt der Gastgeber seiner Freude über den Besuch des Monarchen Ausdruck, für den er eine Überraschung bereit hielt: Bischoffwerder führte den erlauchten Gast auf den Hasselberg, dem mit 52,2 Meter über Meeresgrund höchsten Hügel der Umgebung. Hier hatte er einen Teeplatz einrichten lassen, der durch ein Wegenetz erschlossen wurde. Inmitten eines Runds aus acht Linden stand ein Pavillon mit einen Türmchen. Von dort konnte man damals „14 Dörfer sehen“, wird berichtet, so Spandau, Nauen, Uetz, Paaren, Falkenrehde, Satzkorn, Paretz, Fahrland .
Der Teepavillon steht heute nicht mehr, das Wegenetz ist zugewachsen. Sieben der acht Linden, die größte hat inzwischen 2,92 m Stammumfang, aber gibt es immer noch. Marquardts Ortsvorsteher und Ortschronist Wolfgang Grittner tritt dafür ein, den Platz als Naturdenkmal zu sichern und wieder als Aussichtspunkt zu nutzen. Durch eine Auslichtung der Gehölze und eine Aufastung der Linden könnte der weite Blick in die Umgebung neu geöffnet werden. Zudem führt unmittelbar am Hasselberg an der B 273 der Radwanderweg Falkensee - Nauen entlang. Für dessen Nutzer empfehle sich das Lindenrund als Rastplatz, meint Grittner.
Seit zwei Jahren bemüht er sich, den Platz als Gartendenkmal unter Schutz stellen zu lassen. Er kann darauf hinweisen, dass solche Aussichtspunkte beginnend beim Pfingstbergschloss und dem Belvedere auf dem Klausberg ein wichtiges Gestaltungselement der Potsdamer Kulturlandschaft sind.
Deshalb gab es bereits zur Buga 2001 Bemühungen, die Pavillons auf dem Brauhausberg und dem Kahlen Berg in Eiche wiederzuerrichten. Sie scheiterten damals an der Finanzierung und sollen nun von Bürgervereinen fortgesetzt werden. Ein solches Modell wäre auch für den Teeplatz auf dem Marquardter Hasselberg denkbar.
Wolfgang Grittners Antrag wurde seinerzeit vom Kulturausschuss der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt. Zustimmung fand er dagegen im Umweltausschuss. Er empfahl Oberbürgermeister Jann Jakobs, den Antrag prüfen zu lassen. Inzwischen befinden sich die Unterlagen beim Landesdenkmalamt, das über die Unterschutzstellung entscheiden soll. So richtig Bewegung ist in die Angelegenheit aber bisher nicht gekommen.
Wolfgang Grittner hofft, dass Hartnäckigkeit auch hier zum Erfolg führt. Wie berichtet, hatte er bereits die Unterschutzstellung für das Marquardter Kupferhaus erreicht. Dieses lange unbeachtete Wochenendhäuschen steht in der Siedlung nahe der Autobahn. Nach einem Entwurf des berühmten Architekten Walter Gropius wurde es aus nahezu unbegrenzt haltbaren Kupferblechen errichtet. Im Jahr 1931 hatte diese Neuentwicklung zweier Ingenieure auf der Pariser Kolonialausstellung einen Grand Prix erhalten.
Erhart Hohenstein
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