Homepage: Teils Mensch, teils Maschine Kybernetiker Warwick über „hybride Intelligenz“
Berichte auf CNN, BBC und Discovery Channel – die Fernsehsender dieser Welt schauen auf Kevin Warwick. Kein Wunder, denn der britische Kybernetiker redet und forscht über Sachen, über die andere Filme drehen: „Cyborgs“.
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Berichte auf CNN, BBC und Discovery Channel – die Fernsehsender dieser Welt schauen auf Kevin Warwick. Kein Wunder, denn der britische Kybernetiker redet und forscht über Sachen, über die andere Filme drehen: „Cyborgs“. Wesen, teils Mensch, teils Maschine und bislang vorwiegend im Star Trek-Universum zugegen, wo sie sich als „Borg“ wenig sympathisch durchs Weltall assimilieren. Dass Warwick nicht irgendein spinnerter Hobbywissenschaftler, sondern Professor an der Universität von Reading ist, macht die Sache umso spannender. Als Beweis für die eigene Medienwirksamkeit untermalte Warwick denn auch mit gleich mehreren Ausschnitten solcher Sendungen seinen Vortrag über „hybride Intelligenz“ im Einstein Forum.
Mal sah man ihn, wie er auf dem roten Teppich einer Filmpremiere Hollywoodstar Will Smith bezüglich des Sciencefictionstreifens „iRobot“ befragt, mal wurde er mit einer von ihm entwickelten Robotermaske gezeigt, die locker als Filmrequisite durchginge und zugleich andeutet, wovon es Warwick träumt. Die Gegenwart sieht noch weniger spektakulär aus. Immerhin ließ sich Warwick aber einst vor laufender Kamera einen Chip implantieren, der sein Nervensystem direkt mit einem Computer verband. Mit diesem Experiment wird deutlich, was Warwick unter „hybrider Intelligenz“ versteht: Nur indem sie eine Verbindung eingehen, können Mensch und Maschine ihre jeweiligen Vorteile entfalten.
Einer der Nachteile des Menschen, so der Professor, bestehe in seiner Kommunikation, bei der zu viele Informationen verloren gingen. Die Lösung sieht er in einer Vernetzung von Menschen, ähnlich dem Netzwerken bei Computern, wodurch menschliche Gedanken direkt übertragen werden könnten. Wenn sich Warwicks Traum verwirklichte, sähe die familiäre Idylle wohl so aus, dass die Ehefrau ihrem Mann einfach die Einkaufsliste in den Kopf kopiert und sogleich feststellt, dass der werte Gatte lediglich die Sorge hat, wieder bis zum Anpfiff des Länderspiels zuhause zu sein. Dabei sei, so der Kybernetiker, die Forschung bei dem Versuch, durch Steuerung einen Menschen zu Handlungen zu zwingen, weiter als beim Lesen von Gedanken. Die Gefahr einer „Gedankenpolizei“, sieht er vorerst also nicht.
Trotz aller Gefahren habe der Mensch ohnehin keine andere Wahl, als langfristig mit der Maschinenwelt eine Symbiose einzugehen, wolle er nicht von dieser überholt werden. Zudem seien auf medizinischem Gebiet, etwa bei Parkinsonkranken, schon heute ungeheure Erfolge erzielt worden. Auch von der Rechenkapazität eines Computers könne der Mensch schließlich nur träumen, ebenso wie von ihrer Fähigkeit, in tausenden von Dimensionen „zu denken“. Das stieß dann doch auf den Widerspruch von Prof. Christoph Meinel. Als Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts sei er ja hin und wieder ebenfalls mit Computern zugange und stelle leider permanent fest, dass Computer eben nicht denken können. Ebenso bezweifelte Meinel die von Warwick hoch gelobte Kreativität der grauen Kisten – und fing sich prompt einen Korb des redegewandten Briten ein. „Menschliche Wahrnehmung ist doch sehr eingeschränkt“, sah sich Warwick vielmehr bestätigt.
Dass er bei seinen Bestrebungen, Menschen zu vernetzen, sei es mit Maschinen, sei es mit anderen Menschen, die menschliche Autonomie in ihren Grundfesten erschüttert, berührt Warwick derweil nicht. Der Forscher bezweifelt ohnehin, dass es so etwas wie Willensfreiheit gibt. Moritz Reininghaus
Moritz Reininghaus
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