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Von Henri Kramer: Templer-Verschwörung gegen Templer-Großmeister?

Bizarre Verhandlung am Amtsgericht: Orden mit Sitz in Potsdam veranlasste Vatikan zu offiziellem Dementi

Stand:

Ein mögliche Verschwörung eines westdeutschen Templer-Ordens gegen einen freien Autoren mit angeblichen Kontakten bis ins spanische Königshaus und zum chinesischen Präsidenten – solche Geschichten wie gestern dürfte Richterin Birgit von Bülow selten hören. Aber am Amtsgericht war der bis vor kurzem in Potsdam lebende Bernd S. wegen Urkundenfälschung und dem Verwenden falscher akademischer Titel angeklagt.

Vor knapp drei Jahren hatte es der 64-Jährige sogar in die überregionale Presse geschafft. Denn nebenbei ist er ein so genannter Großmeister eines Templer-Ordens mit Potsdamer Adresse. Damals behauptete er, sein Templer-Verein sei vom Vatikan von der Beschuldigung der Teufelsanbetung freigesprochen worden, die 1305 zur Zerschlagung der bis dato mächtigen Tempelritter geführt hatte. Als Beweis verwies Bernd S. auf eine Urkunde, angeblich unterschrieben von Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano. In dem Schreiben habe der Heilige Stuhl in Rom überdies allen rund 100 Templerorden weltweit empfohlen, sich mit den Potsdamern zu vereinigen.

Hätte es gestimmt, es wäre sensationell gewesen. Bernd S. stellte die Botschaft ins Internet. Doch der Vatikan dementierte: Die Unterschrift sei eine „grobe Fälschung“, hieß es – und auch der Stempel auf der Urkunde nicht richtig. Auch ein gestern extra bestellter Schriftenexperte stellt in einem Gutachten „signifikante“ Unterschiede der Original-Sodano-Unterschrift und der Urkunden-Signatur fest.

Doch schon die Umstände, unter dennen Bernd S. die Urkunde erhalten haben will, hätten ihn stutzen lassen können: Per Post sei sie gekommen, sein Nachbar habe sie angenommen. Sollten die Dokumente also wirklich falsch sein, sagte S., dann könne es sich möglicherweise um die Intrige eines konkurrierenden Ordens aus den alten Bundesländern handeln. Doch damals habe er „null Zweifel“ an der Echtheit besessen: „Wir wussten, dass da etwas kommen sollte.“ Schließlich habe er auch vorher schon mit dem jetzigen Papst Ratzinger geredet. Ein Zeuge, über den die Vatikan-Post abgewickelt worden sei und der gar die Sodano-Unterschrift bezeugen könne, erschien gestern nicht im Gericht. Er soll erneut geladen werden.

Doch es gibt noch mehr Vorwürfe, gegen die sich Bernd S. wehren muss. Bei einer Ehrendoktorwürde, einem Professoren- und zwei Doktorentiteln zweifelt die Staatsanwaltschaft an deren Echtheit. Auch die ausstellende Uni in Italien kannte Bernd S. laut einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft nicht – was dessen Anwältin damit erklären wollte, dass einfach die falsche Abteilung dieser Universität geantwortet habe. Ein Zeuge dazu wird nichts mehr sagen: Die Ladung an den Professor, der die Titel ausgestellt habe, kam zurück – mit dem Vermerk „verstorben“.

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