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Wissenschaftsausschuss und Hochschulkonferenz diskutierten über die Novelle des Hochschulgesetzes
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„Kein Weihnachtsmann kann alles“, stellt Oliver Günther, der Präsident der Universität Potsdam lakonisch fest. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur zweiten Novelle des Brandenburgischen Hochschulgesetzes würden verschiedene Ziele verfolgt. Deren Umsetzung würde jedoch zusammen erhebliche Finanzmittel benötigen. Da müsse man sich entscheiden.
In einer Diskussion des Wissenschaftsausschusses des Landtages mit der Brandenburgischen Hochschulkonferenz artikulieren in dieser Woche beide Seiten ihre Vorstellungen zum Gesetzentwurf. Zunächst skizziert die Brandenburgische Wissenschaftsministerin Sabine Kunst den gegenwärtigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens. Die zur Reform durchgeführte Online-Befragung sei rege genutzt worden und nun abgeschlossen. Vom Wissenschaftsausschuss des Landtages würden die dort gemachten Vorschläge gegenwärtig ausgewertet und eingearbeitet. Dann werde der Gesetzentwurf an die Einzelressorts des Landtages weitergeleitet. Ende des Jahres gebe es voraussichtlich eine erste Lesung im Landtag, am 22. und 23. Januar 2014 finde dort eine Diskussion darüber statt.
„Das Gesetz ist ein Gestaltungsrahmen. Die Umsetzung im Detail liegt bei den Hochschulen“, stellt Kunst fest. Der Zweck des Gesetzes sei, eine Richtung vorzugeben. Es müsse klar werden, wie sich die Hochschullandschaft in Brandenburg in den kommenden Jahren verändern solle. Auch müsse gefragt werden: „Was ist im gegenwärtigen Hochschulsystem in Deutschland möglich?“ Mit der gegenwärtigen Novelle sollten die Hochschulen weiter geöffnet werden für den Zugang vonseiten der Berufstätigen, sagt Kunst.
Eine stärkere Vernetzung mit der Berufswelt sei zwar wünschenswert, findet CDU-Landeschef Michael Schierack, der auch Mitglied des Wissenschaftsausschusses ist. Es müsse aber mittels Eignungsprüfungen und Leistungsnachweisen ganz genau geschaut werden, ob die jeweiligen externen Bewerber denn auch über eine hinreichende Qualifizierung für ein Hochschulstudium verfügten. Jens Lipsdorf (FDP), der Vorsitzende des Ausschusses, wünscht sich dagegen: „Die Verknüpfung der Hochschule mit der Wirtschaft muss gestärkt werden. Wie bekommen wir mehr Wirtschaft in die Hochschule?“ Oliver Günther stellt allerdings fest, dass die Universität Potsdam gegenwärtig bei der Forschung eine Drittmittelquote von 47 Prozent aufweise: „Mehr kann ich nicht.“
Alle an der Diskussion Beteiligten beklagen die miserable Situation des Mittelbaus der Hochschulen: wissenschaftliche Mitarbeiter, die einen Masterabschluss haben, aber doch als Hilfskräfte eingestellt werden, kurze Zeitverträge, Planungsunsicherheit, die Unvereinbarkeit von Unijob und Familienplanung. Hierzu hat Sahra Damus, Senatorin für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen an der Europauniversität Viadrina in Frankfurt/Oder recht klare Vorstellungen: „Wir müssen im Gesetz Mindeststandards festschreiben, beispielsweise eine Dauer von wenigstens drei Jahren für einen Unijob.“ Auch die Möglichkeit einer Auszeit für die Familienplanung der Hilfswissenschaftler sollte im Gesetz erwähnt werden.
Ein weiterer Streitpunkt ist die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Zwangsexmatrikulation. Sabine Kunst zeigt sich verhandlungsbereit. Es müsse ja nicht unbedingt eine automatische Zwangsexmatrikulation geben. Aber wenn die Studienzeit deutlich überschritten sei, sollte doch wenigstens eine Beratung des Studierenden stattfinden und überprüft werden, ob das Studium überhaupt noch zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden könne. „Ich möchte nicht über Papiertiger meine Ressourcen hochrechnen und Studierende als Zahlen mit durchschleppen“, stellt die Ministerin fest.
Auch Kunst hat erkannt, dass die Sicherung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die Öffnung der Hochschulen nach außen und die mögliche Streichung der Rückmeldegebühr von 51 Euro Ziele sind, die allesamt zusätzliche Mittel benötigen. Sei es nur, um die Bibliotheken der Hochschulen für Berufstätige auch am Wochenende offen zu halten. „Ich arbeite viel an einer besseren Ressourcenausstattung der Hochschulen“, bemerkt die Ministerin.
Kunst will die einzelnen Standpunkte der Beteiligen nun abwägen und versprach, die Argumente der Diskussion nach Möglichkeit im Gesetzentwurf zu berücksichtigen. Michael Schierack befürchtet allerdings: „Erst wird viel diskutiert und dann doch alles so gemacht, wie die Ministerin es will.“ Richard Rasensaat
Richard Rasensaat
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