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Homepage: Theater abseits ausgetretener Pfade

Von der Schwierigkeit, sich mit eigenen Ideen zu behaupten und der Freude, wenn sie Wirklichkeit werden. Von Sina Schmidt

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Wenn die Universität Potsdam in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen feiert, schaut sie auch auf ihre Absolventinnen und Absolventen. Rund 80 Prozent von ihnen sind als Fachkräfte in der Region geblieben. In dieser PNN-Serie in Kooperation mit der Uni berichten einige nun von ihrem Werdegang.

Germanistik, Philosophie und Musik auf Magister: „Und was macht man dann später damit?“ Ich weiß nicht, wie oft mir diese Frage früher gestellt wurde, auf die ich selbst keine richtige Antwort wusste. Während meines Studiums hatte ich mich von Zeit zu Zeit erfolglos an staatlichen Kunsthochschulen beworben. Im Nachhinein bin ich froh, mein Magisterstudium zu Ende gebracht zu haben, denn die Auseinandersetzung mit den Geisteswissenschaften hat mir großen Spaß gemacht und verschiedene berufliche Perspektiven eröffnet. Mit Arbeiten für einen Berliner Hörbuchverlag, dem Schreiben für Zeitungen und Magazine sowie mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit konnte ich meinen Lebensunterhalt meist ganz gut sichern. Dann erhielt ich die Möglichkeit, an einer großen Produktion der Berliner Schaubühne als Regiehospitantin mitzuwirken. Der Begleitung der Probenarbeit folgte ein knappes Jahr als freie Regieassistentin an der Schaubühne und dem Theater Hebbel am Ufer – keine leichte Schule. Am Theater muss man nicht nur viel organisieren und selbst gut organisiert sein, sondern auch lernen, mit verschiedenen Künstlern, Technikern und den Gewerken zu kommunizieren und sich dabei respektvoll zu behaupten.

Während einer ersten Inszenierung, die ich 2012 mit einer Freundin im Jugendclub des Hans Otto Theaters realisierte, wurde mir klar, dass ich eigene künstlerische Wege gehen wollte. Meine Idee war, ein Theaterensemble aufzubauen, in dem Studierende und junge Berufseinsteiger Erfahrungen auf und hinter der Bühne sammeln und dabei ganz nebenbei spielerisch ihre Kommunikationskompetenzen erweitern könnten. Ich fand einen Mitstreiter, mit dem ich den Uniater e.V. gründete. Im Mai 2013 führten wir unsere erste abendfüllende Produktion „Grimm?!“ im Potsdamer clubMitte auf, die wir mit zwölf Leuten und einem Budget von nur 400 Euro umsetzten. Ein Jahr später folgte „Spam!“, ein Musiktheaterstück, das ausschließlich auf der Grundlage von Junkmails entstanden ist. Für die Umsetzung stand uns dank eines Förderpreises ein Budget von 1000 Euro zur Verfügung. Seither ergeben sich immer wieder Kooperationen mit unterschiedlichen Musikern, bildenden Künstlern oder Visual Artists. Auch bieten wir regelmäßig Workshops zum Thema Körpersprache, Stimme und Improvisation an der Uni an.

Die Produktion "#theater" über soziale Medien wurde 2015 auf dem internationalen Studierendentheaterfestival „Fitut“ in Marokko mit dem Preis für die beste Regie und dem Sonderpreis der Jury ausgezeichnet. Seit Oktober 2015 verfügt der Uniater-Verein über einen eigenen Raum im Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum, den wir als Fundus und Büro nutzen. Die Theatertauglichkeit des Innenhofes des Hauses testeten wir im Juli mit der Werkstattpräsentation „Men in Space“ aus. Die Aufführung bildete den Auftakt einer mehrteiligen Theaterserie, die auf dem gleichnamigen Roman von Tom McCarthy basiert und ab dem nächsten Frühjahr gezeigt werden soll.

Um meine Regie- und Produktionsarbeit weiter zu professionalisieren, gründete ich im letzten Herbst mit verschiedenen Kreativschaffenden das Künstlerkollektiv „FritzAhoi!“, dessen erste Produktion „Schreibtischherrschaft“ im Herbst im Rechenzentrum Premiere feierte. In einem Wochenendworkshop des Nikolaisaals wird eine neue Produktion vorbereitet, die gemeinsam mit dem Jugendclub des Hans Otto Theaters entstehen soll. Im Mittelpunkt steht die künstlerische Beschäftigung mit dem Konzertaudioguide „Ohrphon“ und Beethovens dritter Sinfonie „Eroica“. Moderne Technik, die immersive Spielformen ermöglicht, klassische Musik und Schauspiel.

Auch wenn viel Arbeit nötig ist, um von den Inszenierungen und Workshops leben zu können, ist es unbezahlbar zu sehen, wie eigene Ideen in kleinen Schritten Wirklichkeit werden.

Sina Schmidt studierte von 2008 bis 2011 an der Universität Potsdam

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