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Aus dem Stegreif. Statt Textsicherheit ist Improvisieren gefragt.

©  G. Gnaudschun

Landeshauptstadt: Theaterspielen ohne Text Lernen Bühnenstück für Demente und Jugendliche

Wenn es um Demenz geht, wird meist von außen auf die Betroffenen geschaut. Das ambitionierte Theaterstück "Mit heimlich leisem Staunen" geht einen anderen Weg: Das Projekt vom evangelischen Kirchenkreis Potsdam und dem Treffpunk Freizeit bringt Demente und Nicht-Demente, Kinder und Senioren zusammen auf eine Bühne.

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Wenn es um Demenz geht, wird meist von außen auf die Betroffenen geschaut. Das ambitionierte Theaterstück "Mit heimlich leisem Staunen" geht einen anderen Weg: Das Projekt vom evangelischen Kirchenkreis Potsdam und dem Treffpunk Freizeit bringt Demente und Nicht-Demente, Kinder und Senioren zusammen auf eine Bühne. "Ein klassisches Theaterstück mit auswendig gelerntem Text wird natürlich nicht funktionieren", sagt Organisator Tileman Wiarda, Pfarrer für Seelsorge an Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen in Potsdam. Stattdessen sei es eine „Performance“, die sich mit Themen wie Kindheitserinnerungen und erster Liebe beschäftigt.

Beteiligt sind drei von Demenz betroffene Potsdamer sowie 16 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 14 Jahren aus der Pfingstkirchen-Gemeinde. Das etwa einstündige Stück stellt in improvisierten Szenen Erfahrungen der alten und jungen Schauspieler gegenüber. Dazu interviewen die Jugendlichen die Senioren über ihre Erinnerungen und Meinungen. Zusätzlich werden auf Video aufgezeichnete Interviews mit dementen Menschen aus Potsdam eingespielt. Auch Gesang spielt eine wichtige Rolle: "Demente Menschen sprechen immer weniger, weil sie nach und nach die Sprache vergessen, aber viele Lieder von früher können sie noch singen", sagt Wiarda.

Anstoß zu dem Theaterprojekt war das Musical "Dementia" aus dem Jahr 2012. "Sobald im Stück die Diagnose ‚Demenz' kam, hieß es quasi: Das Leben ist vorbei“, sagt Wiarda. Diese negative Sichtweise wollte er nicht teilen: "Wir wollen kein Stück über Demenz machen, sondern mit Dementen." Zusammen mit Uwe Rühling vom Treffpunkt Freizeit entwickelte Wiarda die Idee weiter, stieß jedoch schnell auf Schwierigkeiten: "Jemand der Demenz hat, sagt zum Beispiel: ‚Ich komme morgen', und erscheint am nächsten Tag einfach nicht zur Probe." Auch für die beteiligten Jugendlichen war der Umgang mit den Senioren zunächst schwer: "Die Kinder sollen am Ende nicht sagen: ‚Es war immer alles schön', denn es gab viele Situationen, die sehr fremd waren", sagt Mitorganisatorin Daniela Wack. "Aber wir haben sie dabei gut begleitet und mittlerweile gibt es einen wunderbaren Umgang miteinander."

Für die Umsetzung wurden erfahrene Künstler engagiert, wie etwa die Regisseure Alberto Fortuzzi und Martina Pietsch, die langjährige Erfahrungen im Improvisationstheater haben. Aufgeführt wird das Stück heute um 17 Uhr und am Samstag um 11 Uhr in der Französischen Kirche sowie am Sonntag um 16 Uhr im Treffpunkt Freizeit. Der Eintritt ist frei. Erik Wenk

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