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Links und rechts der Langen Brücke: Tierisch

Henri Kramer über das Dauerthema Tierheim, Fehler der Verwaltung und Möglichkeiten, ein vernünftiges Projekt zu retten

Stand:

Potsdam und ein neues Tierheim – das Thema droht einmal mehr in einem Dauerstreit zu versinken. Am Weg nach Bornim in Eiche soll das Heim gebaut werden, auf einem Waldgrundstück, das nächste Haus liegt etwas mehr als 350 Meter entfernt. Bis zu 50 herrenlose Hunde und allerlei Kleintiere sollen in dem Heim eine Unterkunft finden, bis sie zu einem neuen Herrchen oder Frauchen vermittelt sind. Unter fachkundiger Anleitung sollen zudem pro Jahr bis zu 20 obdachlose Jugendliche bei der Tierpflege lernen, wieder ein geregeltes Leben zu führen. Dieser eigentlich harmlos klingende Plan führt in Eiche zu Protest.

Seit Monaten agitiert eine Bürgerinitiative gegen das Vorhaben. Der bisherige Höhepunkt war eine Bürgerversammlung in dieser Woche, bei der rund 160 Anwohner zwei Stunden lang Potsdams parteilose Sozialbeigeordnete Elona Müller beschimpften: Sie befürchten lautes Hundegebell und den möglichen Wertverlust ihrer Grundstücke, haben Vorurteile gegen die obdachlosen Jugendlichen, die dann täglich in den Ort kämen.

Eines vorweg: Der Ton, in dem die Bürger diese Auseinandersetzung führen, ist überzogen und beschämend für Menschen, die Wert auf Gemeinsinn legen. Gleichwohl reicht es nicht, sich über die Intoleranz vieler Anwohner zu ärgern. Auch die Stadtverwaltung hat Fehler begangen. Ein Rückblick: Schon 2008 gab es beim Thema Tierheim Probleme. Nachdem das frühere Heim Am Wildpark geschlossen war, suchte die Verwaltung per Ausschreibung einen Bewerber, der in Eiche neu bauen will. Vergeblich. Eine neue Ausschreibung musste her – und erst seitdem sollte das Tierheim mit pädagogischer Jugendhilfe verbunden werden, wohl als weiterer Anreiz für Bewerber. Dieses Kalkül ist aufgegangen, nun gibt es einen Trägerverbund, der ein Tierheim bauen und betreiben will. Jedoch gibt es für den Zusatz der Betreuung obdachloser Jugendlicher bisher keinen Beschluss der Stadtverordneten. Deren letzter Entscheid datiert vom 28. Oktober 2008 und enthält einzig den zentralen Satz, „zeitnah eine Ausschreibung vorzubereiten, die den Bau eines Tierheims auf dem Grundstück in Eiche zum Inhalt hat.“ Insofern agiert die Verwaltung in der Angelegenheit nur halb im Auftrag der Stadtpolitik – und zur Hälfte im luftleeren Raum. Zu Recht muss gefragt werden, warum nicht schon vor Beginn der nun beendeten Ausschreibung eine Bürgerversammlung in Eiche abgehalten wurde. Vielleicht hätte sich manch Eichener nicht so überfahren gefühlt, wie es jetzt den Anschein hat. Diese Chance ist vertan.

Um nun den vernünftigen Plan für ein Tierheim mit modernen jugendtherapeutischen Angeboten zu retten, braucht es ein klares Bekenntnis der Politik, notfalls mit einem möglichst breiten Beschluss der Stadtverordneten als Zeichen: So wollen wir es. Das Agieren der Verwaltung ohne vollständige Legitimation stärkt die Skeptiker in Eiche und dürfte auch bei möglichen Gerichtsverhandlungen keinen guten Eindruck machen. Zudem muss die Stadt mit Oberbürgermeister Jann Jakobs an der Spitze auf die Bürger in Eiche zugehen, sie ins weitere Verfahren einbeziehen.

Zuletzt: Jahrelang wurde vergeblich nach möglichen Standorten für ein neues Tierheim gesucht – vergeblich. Zu dem Grundstück in Eiche gibt es keine realistische Alternative. Dass Potsdamer Fundtiere derzeit ins 70 Kilometer (!) entfernte Kremmen gefahren werden müssen, darf nur eine Übergangslösung sein.

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