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Landeshauptstadt: Tischlein deck dich für Leib und Seele

Nikolaikirche startet neues Projekt: Essen, Kultur, Rat und Hilfe für sozial Schwache und Hilfsbedürftige

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Es ist ein Pilotprojekt. Aber Joachim Uhlig, Geschäftsführer der Kirchengemeinde St. Nikolai, ist sich sicher, dass es nicht bei einer einmaligen Aktion bleibt. Zum ersten Mal findet in Potsdam am Wochenende ein „Gedeckter Tisch“ statt. Warmes Mittagessen für einen symbolischen Euro, Kaffee und Kuchen, und zwar nicht auf die Schnelle, sondern an Tafeln mit Tischdecken, sowie ein anspruchsvolles Rundumprogramm erwartet die Gäste. „Es gibt auch in unserer Stadt viele Bedürftige, die solche Angebote brauchen“, sagen die Organisatoren, die nach dem Vorbild der sogenannten „Vesperkirchen“ arbeiten. In Süddeutschland gab es vor 15 Jahren die erste, mittlerweile stehen z. B. in Stuttgart die Kirchentüren von Januar bis in dem März hinein für Hilfesuchende offen. Hier in Potsdam will man klein anfangen. Wie viele von Freitag bis Sonntag sich an den „Gedeckten Tisch“ setzen werden, sei schwer abzuschätzen, so Uhlig. „Wir rechnen mit etwa 400 Personen täglich“, sagt Ariane Zibell vom Gemeindekirchenrat.

Der organisatorische Aufwand ist enorm. Fast 70 ehrenamtliche Helfer, nicht nur aus der Gemeinde, wollen das Projekt unterstützen. Diakonisches Werk, Awo, Malteser, Suchtgefährdetenberatung und Streetworker beteiligen sich, Stadtwerke sowie Kirchenkreis helfen mit finanziellen Mitteln. „Alle Unternehmen haben spontan zugesagt“, sagt Zibell über die Sponsorensuche. So werden die beiden Suppen, Hunderte von Portionen täglich, „sehr kostengünstig“ von der Fleischerei Riek zubereitet. Zwei Innenstadt-Bäcker spenden Kuchen, ein Babelsberger Fleischer Würstchen. Das Hotel Mercure liefert Tischwäsche, Mövenpick-Chef Thomas Prange kocht persönlich Kaffee, von Rewe kommen Getränke zum halben Preis. Spielemax will für jedes Kind eine kleine Überraschung spenden. Eigens für dieses Wochenende wurde eine Kleiderkammer eingerichtet.

Zur kostenlosen Rundumversorgung der Menschen, die jeden Euro dreimal umdrehen, gehören zwei Friseure, die in den Waschräumen des Untergeschosses ihren Service anbieten, ebenso Kinderbetreuung in einem extra Spielzimmer und Rechtsberatung für Behördengänge wie das Ausfüllen von Hartz IV-Anträgen. Auch ein Arzt für eine erste Grundversorgung, Blutdruck messen oder wunde Füße anschauen, sei stets vor Ort. Für solche Angebote werden die Seitenräume der Kirche genutzt, gegessen wird in den Gängen neben dem Gestühl. „Die Kirche ist ein Ort der Zuflucht und Begegnung, die Gemeinde hat damit kein Problem“, sagen Zibell und Uhlig. Und auch an die Seelsorge wird gedacht, als Gesprächspartner stehen Pfarrerin Susanne Weichenhan und Pfarrer i. R. Wolfgang Hering zur Verfügung.

Mit einer Andacht beginnt das Wochenende, Konzerte sorgen für Abwechslung. „Es soll ein Erlebnis werden, wir wollen nicht, dass man nur kommt und etwas abholt“, so Uhlig. Bestenfalls begegnen sich am Mittagstisch Bewohner des Obdachlosenwohnheims und Bürogemeinschaften. Ebenso würde man sich über spontane Helfer freuen. Was auch noch fehlt: Ansprechendes Geschirr. In diesem Jahr müsse die Suppe noch in Plastikschüsseln serviert werden, gern würde die Gemeinde in die langfristige Ausrüstung investieren. Um möglichst viele Bürger zu erreichen, liegen seit Tagen Flyer, zum Selbstkostenpreis von der Druckerei Ruess hergestellt, an allen gängigen Anlaufstellen und der Potsdamer Tafel aus. Im nächsten Jahr, so Uhlig, soll „der Gedeckte Tisch“ in Kooperation mit dem Kirchenkreis ausgerichtet werden.

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