
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Töpfern mit Rhabarberblättern
Britta Bohne entdeckte ihre Leidenschaft in der Reha-Klinik. Jetzt hat sie eine Werkstatt eröffnet
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Dass jemand kein Künstler ist – für Britta Bohne schlichtweg inakzeptabel. „Kann ich nicht, gibt’s bei mir nicht“, sagt die Frau mit den schulterlangen blonden Haaren resolut und erklärt damit sogleich das Konzept ihrer im April gegründeten Töpferwerkstatt in Potsdam-Golm: Hier kann, darf und soll sich jeder vom Kleinkind bis zum Senior ausprobieren und sich dabei gut aufgehoben fühlen. „Wecke den Künstler in dir!“ – mit diesem Motto wirbt die 45 Jahre alte Potsdamerin für ihre heimische Töpferei. „Wenn jemand noch nie getöpfert hat, dann erkläre ich im ersten Kurs die Grundlagen – und eine Schale kriegen wir zusammen immer hin“, sagt sie. Beim Töpfern, einer Technik, bei der aus Ton oder Lehm Gegenstände geformt, getrocknet, dekoriert und am Ende gebrannt werden, habe ihrer Meinung nach jeder die Möglichkeit, etwas zu schaffen.
Die gelernte Mediengestalterin arbeitet an Vormittagen in der Potsdamer Werbeagentur Redpear, dann holt sie ihre zwei Söhne, acht und fünf – die große Tochter studiert schon –, aus der Kita ab, anschließend kann es losgehen. „Ab Mittag kann ich Kurse geben, die letzten für Berufstätige von 20 bis 22 Uhr“, sagt sie. Selbst an Wochenenden können individuell Töpferkurse verabredet werden. In dem Eigenheim, das sie seit acht Jahren mit ihrer Familie bewohnt, hat sie einen großen Kellerraum für ihre Zwecke umgestaltet. Schon im Kellerflur fallen die gerahmten Fotografien an der Wand auf: Scharf gestochene Aufnahmen einer Galapagos-Echse, die sich sonnt, oder ein Feldhase kurz vorm Sprung. „Ich bin auch Naturfotografin“, sagt Bohne, die ihre Werke zum Beispiel in Kliniken ausstellt und Mitglied in der Gesellschaft Deutscher Tierfotografen ist, bescheiden. Dann führt sie weiter in ihre kleine Werkstatt. Verschiedene Werkzeuge, Töpferleim, Ausstech- und Gipsformen, Dosen mit Glasurfarben, halbfertige Skulpturen, Teller, Namensschilder oder sonstige kreative Ergüsse ihrer Schüler und natürlich ein großer Brennofen prägen das Bild. Ins Auge fällt sofort eine große Schale mit frischen Rhabarberblättern. Danach gefragt, läuft Bohne aufgeregt zum Regal, nimmt ein Schälchen mit einem dieser eingedrückten Blätter hervor und streicht zart über die Oberfläche: „Das sieht ganz toll aus, wenn es fertig gebrannt ist“, erklärt sie. Die Natur ist für sie ohnehin eine unendliche Quelle der Inspiration: So hat die Potsdamerin Stempel mit Blättern oder Schneckenhäuschen hergestellt, mit denen sich tolle Abdrücke in den Ton pressen lassen.
Und für Besucher, die noch gar nicht wissen, was sie eigentlich herstellen wollen, hat Bohne Bilder aus dem Internet gesucht und auf einem Blatt zusammengestellt. Daneben können sie sich Inspirationen in den bereitgestellten Büchern suchen oder einfach die Werke von Bohne selbst ansehen: Den schönen stolzen Leopard etwa oder den süßen Igel, der aus dem Regal hinübergrinst. „Vasen, Gartenkeramik, Skulpturen – ich helfe bei allen Sachen mit“, verkündet Bohne.
Dabei war es gar nicht geplant, dass sie mal eine eigene Werkstatt eröffnet. 2000 geschah es, dass sie nach einem schweren Reitunfall in die Reha-Klinik nach Bad Belzig musste und dort als Therapieangebot Töpfern ausprobierte. „Das ist dann zu meiner Leidenschaft geworden“, erinnert sie sich. Als sie klein war, habe ihre Mutter mit ihr und den Geschwistern zu Festtagen aus Suralin-Knete kleine Figuren hergestellt. „Wahrscheinlich habe ich da schon Feuer gefangen.“ Raus aus der Klinik, kam die Leidenschaft mit nach Hause, an den Wohnzimmertisch. Da töpferte sie fortan von der Gartenkugel bis zur Seifenschale über die Tierskulptur oder Vogeltränke alles, was ihr in den Sinn kam. Vor einem Jahr beantragte sie dann einen Gewerbeschein – ursprünglich, um ihre Arbeiten online zum Verkauf anzubieten. „Aber Freunde und Verwandte, alle haben zu mir gesagt: Britta, du kannst das so gut, gib Kurse!“ Da sie das ewige Ein- und Auspacken ihrer Materialien im Wohnzimmer ohnehin nicht länger mitmachen wollte, wurde kurzerhand der Keller entrümpelt und die Werkstatt eingerichtet.
Dass das Töpfern für Bohne kein reines Geldverdienen darstellt, wird schnell deutlich: Für ihre Kurse nimmt sie nur fünf Euro pro Stunde, Kinder zahlen die Hälfte, hinzu kommen Material- und Brennkosten. Nun will sie ihre Kurse ausgebucht sehen, und denkt auch schon weiter: Einen halbjährlich stattfindenden Basar im Garten zum Beispiel könnte sie sich vorstellen oder Töpfern zum Kindergeburtstag. „Ich will die Lust wecken. Es soll Spaß machen“, resümiert Bohne ihr Anliegen.
Und, ganz uneigennützig sei es ja nicht: Im Alltag, gerade mit der provisorischen Werkstätte auf dem hölzernen Wohnzimmertisch, kam das Töpfern oft zu kurz. Jetzt, da Töpferfans zu ihr kommen, hat Britta Bohne wieder einen Grund, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Und auch ihrem Wunsch, selbst unsicheren Menschen zu zeigen, dass auch in ihnen ein Künstler steckt .
Britta Bohne ist telefonisch unter (0331) 505 25 62 zu erreichen
Anne-Kathrin Fischer
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