
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Trafohäuschen verschwinden lassen
Die Potsdamer Firma Art-Efx produziert Kunst im öffentlichen Raum – mittlerweile in ganz Europa
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Eins ist Ronny Bellovics ganz wichtig: Mit der üblichen Sprayer-Szene hat Art-Efx nichts gemein. Die Firma, die er 1993 zunächst als Zweimann-Betrieb mit seinem Schulfreund Markus Ronge gründete, besteht seit 2003 unter dem Namen Art-Efx und das sehr erfolgreich, wie man jetzt für zwei Monate in einer Ausstellung im Haus der Begegnung in Waldstadt sehen kann.
Mittlerweile sind es insgesamt 14 Mitarbeiter, die bei Art-Efx arbeiten, davon neun im künstlerisch-grafischen Bereich. „Wir machen Kunst im öffentlichen Raum und kein Graffiti“, sagt Geschäftsführer Bellovics. Den Umgang mit der Sprühdose könne man lernen, das künstlerische Verständnis müsse man mitbringen.
Davon braucht es einiges für die Arbeit bei Art-Efx. Jeder Potsdamer laufe wohl täglich an deren Werken vorbei, sagte Antje Tannert vom Haus der Begegnung am gestrigen Dienstag zur Ausstellungseröffnung. Unzählige Trafohäuschen und Briefkästen haben die Künstler in Potsdam und im Umland gestaltet. Die Werke fügen sich mit einem Augenzwinkern in ihre Umwelt ein und wirken nicht mehr wie ein Fremdkörper. Oft mithilfe von optischen Täuschungen: So stehen plötzlich Mopeds am Zaun, blühen prachtvolle Hecken vor dem Haus, bekommen graue Fassaden Fenster mit Blumenkästen. Dafür braucht es Vorstellungskraft, sagt Bellovics, die hat nicht jeder. Etwa 100 Bewerbungen bekommen sie jedes Jahr, selten passt es, sagt der Chef. Gern würden sie deshalb ihren eigenen Nachwuchs ausbilden. „Dazu fehlt uns bisher noch die Erfahrung, wir hoffen, dass uns da die Handwerkskammer beraten kann.“
Aufträge haben sie genug, längst nicht nur in Brandenburg, sondern europaweit – erst neulich waren die Potsdamer in Rom tätig. Sie gestalten Innen- und Außenflächen für große und kleine Firmen, für Privatkunden und städtische Firmen. In Potsdam haben die Stadtwerke bei ihnen bestellt, Wohnbaugesellschaften wie die Pro Potsdam und Kindergärten. In Berlin haben sie gerade in zwei Krankenhäusern die Kinderstationen gestaltet.
Der Ablauf ist stets gleich: Oft hat der Kunde bereits genaue Vorstellungen von dem, was er will. Geht es um Orte im öffentlichen Raum wie bei den Trafohäuschen, haben auch Bürgermeister, Ortschronist und Anwohner ein Wörtchen mitzureden. Mit Sprühdose, Airbrush-Technik und Pinsel entsteht dann das Bild. Unendlich viele Farbtöne werden dabei verwendet, um die Plastizität herauszuarbeiten. „Wir haben etwa 3000 Farbdosen auf Lager“, sagt Bellovics. Kommen Schriftzüge dazu, werden sie mit digitaler Technik auf die Wand gebracht. Mindestens 15 Jahre hält so ein Bild.
Dass es mal so erfolgreich laufen könnte, hätte Ronny Bellovics vor zehn Jahren nicht gedacht. Damals habe manchmal die Polizei komisch geguckt, sagt er. Heute fragen sie nach Visitenkarten. „Wir haben auch schon für die Polizei gearbeitet“, sagt er. Sehr gern würde er demnächst wieder für die Stadt arbeiten und die große weiße Wand der Bibliothek gestalten. Sie hätten viele E-Mails von Bürgern bekommen, die ihnen genau diesen Vorschlag gemacht hätten, sagt er. Doch die Stadt habe abgelehnt, so Bellovics. Das soll eventuell ein Projekt mit Jugendlichen werden, hieß es. Da kann der Profi nur den Kopf schütteln. „Bei dieser Wand an so prominenter Stelle gleich neben dem Landtag – da kann man alles gewinnen – und verlieren.“
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