Homepage: Trägt Wasser in die Wüste
Die Potsdamer Geoökologin Eva Nora Müller untersucht die Bodenerosion in Trockengebieten
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2008 ist das Internationale Jahr der Erde, das den Nutzen der Geowissenschaften für eine nachhaltige Entwicklung deutlich machen soll. Die PNN nehmen dies zum Anlass, Projekte von Potsdamer Geoforschern vorzustellen.
Eine junge Frau allein, mitten in der Wüste Neu Mexikos. Die Sonne brennt. Eva Nora Müller simuliert „Regenereignisse“ und untersucht auf diese Weise die Folgen von Bodenerosionen. Nicht nur hier, sondern überall dort, wo die Erde trocken, von der Landwirtschaft ausgedörrt, arm an Vegetation und deshalb besonders gefährdet ist, bei seltenen, aber starken Niederschlägen die letzten fruchtbaren Bodenschichten zu verlieren. Was sie seit Jahren in ihren Feldversuchen misst, nutzt sie für die Entwicklung von Modellen. Ihre Ergebnisse haben international Aufsehen erregt und dazu beigetragen, die Erosion und Abtragung von Nährstoffen in Trockengebieten besser zu verstehen. Für ihre Forschungen erhielt die Geoökologin der Universität Potsdam deshalb unlängst den Sonderpreis des diesjährigen Leibnizkollegs.
Eigentlich ist Eva-Nora Müller Bauingenieurin. Doch schon während ihres Studiums in Darmstadt interessierte sie sich für Umweltwissenschaften und beschäftigte sich mit dem Abfluss von Niederschlägen. Das theoretische Rüstzeug für Modellierungen holte sie sich in London, wo sie aufbauend noch Angewandte Mathematik studierte.
Für ihre Doktorarbeit war sie anschließend acht Monate lang in Neu Mexiko unterwegs. Gleich am ersten Tag erfuhr sie, wie hart und strapaziös Forschung sein kann. „Arbeit in einer heißen und harschen Umwelt. Kein Schatten. Da bekommt man schnell einen Hitzschlag, obwohl man sich selbst für wetterfest gehalten hat“, erzählt sie.
Für die Untersuchung der Infiltrationsraten, also der Zeit, in der die Nässe im Boden versickert, schleppte sie mit Helfern bis zu zwei Tonnen Wasser mitten in die Wüste. Angelockt vom Geruch des Wassers, kamen plötzlich Rinder. „Sie liefen direkt durch mein Messfeld, für dessen Aufbau ich vier Stunden benötigt hatte“, echauffiert sich Eva Nora Müller noch heute. Die Tiere waren fast doppelt so hoch wie die junge Frau. „Ich rannte zum Auto und hupte, aber das lockte nur noch mehr an. In meiner Not rief ich die Cowboys herbei. Sie vertrieben die Rinder mit ihren Jacken“, lacht sie im Nachhinein. Jeden Tag bekam sie nun Besuch von den Tieren. „Ich konnte immer nur eine Messung durchführen, rannte eine Runde ums Messfeld, verjagte die Rinder, bevor ich die nächste Messung in Angriff nehmen konnte.“
Die mühselig erkämpften Daten in der Heimat auszuwerten, war nicht weniger anstrengend. Denn noch während sie an ihrer Doktorarbeit schrieb, lockte sie bereits die nächste Herausforderung, diesmal in Potsdam. Hier an der Universität, die für ihre hydrologischen Modellierungen bekannt ist, beschäftigt sich Eva Nora Müller seit 2004 mit Flussablagerungen und Landnutzungssystemen. Forschungsreisen führten sie nun vor allem nach Spanien. Noch im 6. Monat schwanger kletterte sie dort bei Hitze und Gewitterstürmen die Hänge hinauf, um zu messen. Nicht ganz ungefährlich, wie die Mutter eines inzwischen gesund zur Welt gekommenen Mädchens zugibt. Die meisten Gewitter kamen nachts, erinnert sie sich. „Bei einem Regenereignis muss man sofort los, um Tiefe und Breite des Stromes zu messen.“ Mit Gummistiefeln und Taschenlampen machte sie sich im Dunkeln auf den Weg.
Um ihre Forschungen fortsetzen zu können, hat sie einen Antrag für eine Nachwuchswissenschaftlergruppe gestellt. Doch fragt man Eva Nora Müller nach ihrem bevorzugten Forschungsort, nennt sie unumwunden Brandenburg. „Nach so vielen Expeditionen ins Ausland freue ich mich auf ein etwas ruhigeres Arbeiten. Und ich kann hier jederzeit raus zum Messen.“ Ihre besondere Leidenschaft aber gehört noch immer dem Modellieren. Die 33-Jährige findet es so spannend wie andere einen Kriminalroman. Aufgeregt sieht sie den Ergebnissen entgegen und bekommt Bauchschmerzen, wenn etwas schief läuft.
Für die 2 500 Euro Preisgeld, die sie vom Leibnizkolleg erhielt, will sie einen neuen Rechner kaufen. Auch dabei denkt sie an die Wissenschaft. „Ich würde gern ein Onlinesystem einbauen, das mir per SMS Bescheid gibt, wenn irgendwo in 50 Kilometern Umkreis Regen fällt, damit ich sofort messen kann.“
Sandra Münzel
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