Landeshauptstadt: Tränengas statt Bühnennebel
20 Jahre Subway to Sally: Bodenski und Eric Fish signieren heute im PNN-Shop ihre Bandbiografie
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Man stelle sich einen an seiner Biografie schreibenden Keith Richards vor. „Und gleich 700 Seiten! Die wenigsten Bands oder Musiker machen das selbst“, sagt Michael Boden. Ja – man muss groß denken, findet der Sänger, Gitarrist und Texter der Potsdamer Band Subway to Sally, „man darf sich im internationalen Vergleich nicht immer verstecken“.
Bodenski, der studierte Germanist und Autor, hat sich jetzt, im zwanzigsten Jahr des Bestehens, an die Biografie seiner Band gemacht, die vielen als die erfolgreichste Band Potsdams gilt. Er war von Anfang an bei Subway to Sally (STS) dabei, einen Ghostwriter wie der genannte Rolling Stone brauchte seine Band folglich nicht. Und so verleiht Bodens charakteristische, leicht lyrische Schreibe dem Werk einen authentischen Stil und vermittelt, dass da jemand weiß, worum es hier geht. Das tut dem Buch gut.
Schwarz und schwer liegt es in der Hand, „Svbwaytosally. Die offizielle Biografie. Unsterblich“ (Verlag Nicole Schmenk, 19,90 Euro). In seiner Gestaltung erinnert es an das letzte, mittlerweile elfte Album „Schwarz in Schwarz“. „So könnte es immer weitergehen. Vielleicht“, ist das Schlusswort, das dem ungeduldigen Leser versichert, dass die Erfolgsgeschichte der Sieben damit weder begraben ist noch zum Höhenflug angesetzt hat. Gerade in den ersten Kapiteln wird deutlich, wie sehr sie durch ihre komplizierte Verbandelungsgeschichte miteinander verflochten sind, was das Erleben der Neunziger Jahre mit ihnen gemacht hat.
Bodenski, in Potsdam groß geworden, widmet viele Seiten einem Rückblick in die irre Vor- und Nachwendezeit. Das liest sich wie ein Who is Who der Potsdamer Musikszene, wer hat wen wo getroffen und abgeworben, welche Band wurde wann gegründet, und wie hat man die Armeezeit halbwegs unbeschadet überstanden. Dazwischen späte Enthüllungen für die, die es noch nicht wussten: beispielsweise, dass der Bandname Bodenski Beat eine Anlehnung an Bronski Beat sein sollte. Weniger spektakulär die Herkunft des Namens Subway to Sally: Erik hatte im Suff eine Eingebung, es klang halt so schön. „Das war damals so“, schreibt Bodenski, es gab etliche Bands mit schlichtweg wohlklingenden Namen, Element of Crime, Frankie goes to Hollywood. Und da ist er wieder, der Vergleich mit Großem. Sie erinnern sich, steht an anderer Stelle, an den Moment, als sie sich entschieden, die Sache professionell durchzuziehen – nach einer Probe bei frischem Streuselkuchen von Simons Mutter.
Besonders von solchen Momenten lebt das Buch. Es hätte noch Stoff aus diversen Tourtagebüchern gegeben, interessanter seien jedoch die ersten Jahre, als es noch spannend war, als man noch nicht wusste, ob und wie das alles klappt, eine Zeit, die sie geprägt habe, sagt der Autor. Viel Material haben sie dafür gesichtet, haben persönliche Erinnerungsfotos herausgekramt, sind auf Dachböden herumgekrochen. Und so lohnt das Buch schon wegen seiner historischen Referenz: So stellt ein Zeitungsartikel über den Rockwettbewerb des Brandenburger Rockmusikerverbandes 1992 die Frage: Was hat Toni Kruse, das Subway to Sally nicht hat? Die wurden nämlich nur zweite, obwohl ihnen die Autorin in den Texten „Engagement für unsere Welt“ bescheinigt. 2008 sollte STS dafür den Bundesvision Song Contest gewinnen. Auch im Buch: maschinengetippte Gastspielverträge mit einem Festhonorar von 200 D-Mark, immerhin, das ist eine Summe, über die sich manch Amateurband heute wieder freuen würde. Selbst Eric Hechts Einstufungsausweis aus DDR-Zeiten, die Pappe aller selbstständigen Musiker, ist zu begutachten: Für den Sänger gab es die Note „ausgezeichnet“ für irisch-schottische Folklore.
Selbstredend ist das Buch gefüllt mit vielen bunten und schwarz-weißen Bandfotos und Schnappschüssen, auf Bühnen und in Studios, vor und nach Auftritten, Gelagen, Ausflügen. Michael Boden hat nicht alles allein geschrieben. Auch die Kollegen haben diverse Reiseberichte und Anekdoten beigesteuert. Wer schon immer einmal wissen wollte, wie so ein Bandalltag aussehen kann, wie oft man tatsächlich bei guten Freunden auf dem Boden statt in kuscheligen Hotelbetten schlafen muss, und wie es ist, wenn beim Auftritt statt Bühnennebel plötzlich Tränengas zum Einsatz kommt, dem sei die Lektüre empfohlen.
Am 30. Dezember findet in der Metropolishalle die traditionelle „Eisheilige Nacht“ statt, das jährliche STS-Konzert in Potsdam. Sie machen weiter: Silke, Thomas, Bodenski, Simon, Silvio, Ingo und Eric.
Am heutigen Dienstag sind Bodenski und Eric Fish ab 17 Uhr zur Signierstunde im PNN-Shop im Karstadt in der Brandenburger Straße. Das Buch ist dort erhältlich.
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