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Abschied. Karin Schröter und Thomas Sander vor dem Haus Dietz.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Trauer um „architektonischen Hingucker“

Bürger demonstrierten gegen den bevorstehenden Abriss des Hauses Dietz in der Kurfürstenstraße

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Innenstadt - Trauer um Haus Dietz: Etwa 50 Potsdamer haben am Mittwochabend gegen den bevorstehenden Abriss des 1928 im Stil des Neuen Bauens errichteten Hauses in der Kurfürstenstraße demonstriert. Markus Wicke vom Förderverein des Potsdam-Museums hatte zu einem stillen Abschied vor das ehemalige Wohnhaus des Architekten Heinrich Laurenz Dietz (1888-1942) geladen. Viele Anwesende sprachen von einem Skandal, dass das Gebäude einem mehrgeschossigen Wohnriegel weichen soll. So der Architekt Christian Wendland, der angesichts des ausgeschlachteten Hauses sagte: „Was für ein Frevel, mitten im Frieden so ein solides Haus zur Ruine zu machen.“

Der Abriss ist in Potsdam außerordentlich umstritten. Eine Protestpetition im Internet fand in kurzer Zeit 1300 Unterzeichner. Die Landesdenkmalschutzbehörde verweigert dem Haus den Denkmalstatus, da es in den 1980er Jahren mit den Mitteln des DDR–Denkmalschutzfonds neu aufgebaut worden war. „Der Wiederaufbau in den 1980er Jahren wird unterbewertet“, erklärte Wicke. Das in der DDR Geld für die Rekonstruktion eines Hauses der Moderne ausgegeben wurde, sei „sehr bemerkenswert“. Johanna Neuperdt, die als damalige Gebietsdenkmalschützerin den Wiederaufbau begleitete und an der Abschiedsdemo teilnahm, erklärte: „Dietz war ein großartiger Architekt.“ 1945, nach einer Bombenexplosion im Garten, seien die rückseitigen Gründungspfeiler des Hauses Dietz so beschädigt worden, dass das Haus abzusacken drohte. Es habe zu jener Zeit keine derart starke Hydraulik gegeben, die in der Lage gewesen wäre, das Haus anzuheben, daher der Abriss und Neuaufbau. „Es war für mich selbstverständlich, das Haus zu retten“, sagte Johanna Neuperdt, die auch einen Eintrag in die DDR-Denkmalschutzliste erwirkte. 1991 hatte die Stadt das Haus dann nicht in eine neue Denkmalsliste übernommen (PNN berichteten).

Für Wicke, der sich sehr für die Rettung des Hauses engagierte, bringe der kubische Bau „Stil und Leichtigkeit in die Straße“. Es sei „architektonisch ein Hingucker“, zumal Bauten der Moderne in der Innenstadt selten seien. „Schönheit ist auch ein Argument“, so Wicke. Dietz hatte unter anderem im Babelsberger Architekturbüro von Peter Behrens gearbeitet, aus dem auch Ludwig Mies van der Rohe hervorging. Historisch gebe es weitere Gründe, das Haus zu erhalten, so Wicke, da es Treffpunkt namhafter Potsdamer Künstler wie Walter Bullert oder Otto Heinrich war. Die Familie Siemens habe in der Zeit der Weltwirtschaftskrise kurzzeitig in dem Haus gewohnt.

Hannes Wittenberg vom Potsdam-Museum zeigte sich beunruhigt über die Zukunft des Nachbarhauses, der Gymnastikschule Ulrich. „Das existierende Denkmal wird entwertet“, so Wittenberg. Helmut Krüger, Stadtführer aus der Brandenburger Vorstadt, erklärte, der heutige Denkmalschutz habe es nicht geschafft, die beiden Moderne-Häuser als Ensemble zu begreifen, eine „engstirnige Haltung“. Thomas Sander vom Verein Architrav nahm die Denkmalschützer in Schutz. Deren Position sei zu schwach, um politische oder städtebauliche Fehlentscheidungen zu korrigieren. Die Stadtverordnete Karin Schröter (Linke) sprach von einem Verlust. Barbara Kuster, Sprecherin der Bürgerinitiative Mitteschön, erklärte, die Stadt hätte mit einer frühen Bauleitplanung „ihre Verantwortung wahrnehmen müssen“. Der geplante Wohnriegel werde „sehr brachial wirken“. Guido Berg

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