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MARTIN STEYER, 61istTONGESTALTERund arbeitete für „Goodbye Lenin!“ und „Rubbeldiekatz“Wie macht man Stille hörbar?

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MARTIN STEYER, 61

ist

TONGESTALTER

und arbeitete für „Goodbye Lenin!“ und „Rubbeldiekatz“

Wie macht man Stille hörbar? Auf jeden Fall nicht, indem man den Ton stummschaltet. „Dann hört der Zuschauer im Kino seinen Nachbarn und ist raus aus dem Film“, sagt Martin Steyer: „Damit die Verbindung zur Leinwand aufrechterhalten wird, muss es einen Ton geben.“ Das kann eine Art Lufthauch sein, ein Geräusch, das man erst bemerken würde, wenn es plötzlich fehlte. Oder man macht Dinge hörbar, die sonst lautlos sind: das Trippeln einer Fliege über die Tischplatte, Grashalme, die sich im Wind wiegen. „Daran merkt der Zuschauer, wie still es ist.“

Was kaum ein Kinogänger weiß: Das, was er im Film hört, hat mit dem, was die Mikros beim Dreh aufgenommen haben, wenig zu tun. Meist werden nur die Dialoge der Schauspieler im O-Ton verwendet. Den Sound eines Films komponieren Tongestalter wie Martin Steyer nachträglich im Studio. Unwichtige Geräusche werden weggelassen, Wichtiges betont oder verändert, Effekte hinzugefügt. „Es geht darum, dass der Film atmet und eine Einzigartigkeit bekommt“, erklärt der zweifache Lola-Preisträger und Professor an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF).

Wenn er seine Arbeit gut macht, bemerkt das im Kino niemand. Jedenfalls nicht bewusst. Eine gelungene Filmtonmischung intensiviert die Bilder, spiegelt die Entwicklung der Figuren – aber sie wirkt subtil, an der Grenze zur Wahrnehmung. Wie bei „Der letzte König von Schottland“ – ein Drama über einen jungen Arzt, der als Entwicklungshelfer nach Afrika geht, in Uganda Leibarzt des charismatischen Herrschers Idi Amin wird und am Ende feststellen muss, dass er sich von einem brutalen Diktator hat blenden lassen. „Der Ton dreht sich im Laufe des Films immer weiter ins Dunkle“, beschreibt Martin Steyer seine Herangehensweise an den Film.

Um den richtigen Sound zu finden, liest der studierte Pianist Steyer das Drehbuch und entwickelt dabei bereits Ideen – im Idealfall in Rücksprache mit dem Regisseur und dem Filmkomponisten. „Ich sitze wie ein Maler vor einem weißen Blatt Papier und muss den Ton zusammensetzen“, sagt er. Auf vier Ebenen arbeitet er dabei: Zur Grundgeräuschkulisse – der „Atmosphäre“ – kommen Realeffekte wie Türen, Autos oder Schüsse, künstliche Effekte zur Untermalung von Gefühlen – etwa Filmmusik – und Dialog.

Der Tonschnitt eines Spielfilms dauert etwa vier Wochen. Die verbringt Steyer im Studio, wo er die Töne an einem mehrere Meter langen Mischpult bearbeitet. Im scheinbar Selbstverständlichen steckt mitunter besonders viel Arbeit: Für den Klang einer Tür im Science-Fiction-Streifen „Resident Evil“ etwa hat Steyer mehr als 80 Einzeltöne kombiniert.

Zum Film kam der Tonmeister erst, nachdem er 1976 in den Westen gegangen war. „Mephisto“, „Sonnenallee“, „Good Bye Lenin!“, „Knallhart“, „Yella“ oder „Effi Briest“ hat er mittlerweile vertont, auch internationale Produktionen. Die Liste ist lang. Die Zahl seiner deutschen Kollegen kann er dagegen an zwei Händen abzählen. Momentan arbeitet Steyer an drei Projekten, darunter auch Detlev Bucks Komödie „Rubbeldiekatz“. JaHa

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