PNN-Film-Serie: Traum FABRIKANTEN
Ralf Haeger, 46ist STUNTMANund machte mit seiner Firma die Stunts unter anderem für „Inglourious Basterds“ Das Fehlen weiblicher Eingriffe in die Raumgestaltung führt zu einer angenehmen Sachlichkeit. Der riesige Flachbildschirm hängt genau da an der Wand, wo er hingehört.
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Ralf Haeger, 46
ist
STUNTMAN
und machte mit seiner Firma die Stunts unter anderem für „Inglourious Basterds“
Das Fehlen weiblicher Eingriffe in die Raumgestaltung führt zu einer angenehmen Sachlichkeit. Der riesige Flachbildschirm hängt genau da an der Wand, wo er hingehört. Der große schwarze Ledersessel steht frontal und mit genau dem richtigen Abstand gegenüber dem Bildschirm. Rechts daneben glänzt in Reichweite ein gläserner Humidor zur sachgerechten Aufbewahrung der Kubanischen. „Es gibt nur kubanische Zigarren“, versichert Ralf Haeger, „und welche, die auf kubanische machen.“ Der Kühlschrank hat in etwa den gleichen Abstand vom Sessel wie zur amerikanischen Küche – er steht genau da, wo es von überall her nur zwei bis vier Schritte sind bis zum kühlen Bier. Wobei Haeger seine gelegentliche „Cohiba“ oder „Romeo y Julieta“ freilich nicht mit Becks, sondern mit einem Glas Single-Malt-Whisky kombiniert. Haeger ist Purist und Professionalist, seine Oberarme sind deutlich definiert, an seinem Handgelenk tickt eine Rolex, gekauft „für siebeneinhalb“, der Tuner Brabus hat sein Auto „ausreichend motorisiert“.
Zeit für Lebensart bleibt Haeger momentan wenig. Es ist ausgerechnet eine „Hänsel und Gretel“-Verfilmung in den Babelsberger Studios, die seit Wochen einen 14-Stunden-Tag von ihm fordert. Allerdings geht es nicht um eine Produktion für den Kinderkanal, sondern um einen Horrorfilm. Der Streifen spielt 25 Jahre nach dem Märchen, Hänsel und Gretel haben ihr Kindheitstrauma zum Beruf gemacht und sind professionelle Hexenjäger geworden. Es wird ständig auf Besen durch die Gegend geflogen – und dafür zu sorgen, dass das gut geht, das ist der Job des 46-Jährigen und seiner Firma Haeger Stunt & Wireworks. Seine amerikanischen Auftraggeber sind ganz zufrieden mit ihm. Haeger: „Sie sagen, ich soll mir ein Visum für die USA besorgen.“
Dass er gut ist bei allem, was am Seil hängt oder an einer Rolle am Seil entlang saust, hat mit seinen Anfängen als Hobbykletterer im Elbsandsteingebirge zu tun. Schon zu DDR-Zeiten konnte Seilklettern einträglich sein, etwa beim Fugen-Ausbessern zerbröselnder Plattenbauten. Nach Berufsausbildung und Abitur gab Haeger seinen Job als Bühnentechniker beim Hans Otto Theater bald auf. Von der Defa kamen erste Aufträge als „Kaskadeur“, wie der Stuntman in der DDR hieß. Im Heiner-Carow-Film „Coming out“, sagt Haeger, „habe ich den Hauptdarsteller verprügelt“. Doch Haegers Arbeitswelt hat sich gewandelt, heute reicht es nicht mehr, „sich ein paar blaue Flecken bezahlen zu lassen“. Springen, Fliegen, Fallen, Schweben am Seil, hoch und runter, kreuz und quer, mit verschiedenen Geschwindigkeiten, alle diese Angebote kann Haeger den Regisseuren machen. Und die greifen gern darauf zurück, so auch Quentin Tarantino für „Inglourious Basterds“.
Nach der Wende studierte Haeger sogar und wurde Diplom-Sportwissenschaftler. Doch das Kino ließ ihn nie los. Er wurde früh cineastisch geprägt. Schon mit zwölf Jahren ist er Hauptdarsteller im Defa-Kinderfilm „Nicki oder die Liebe einer Königin“. Noch heute mag er „großes Kino“, wo „die Guten gewinnen und die Bösen bestraft werden“. Guido Berg
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