Landeshauptstadt: Traum mit Schaum
Die Berliner Brüder Christian und Sven Kiwus haben die „Espressobar“ in der Brandenburger Straße wieder eröffnet
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Die Berliner Brüder Christian und Sven Kiwus haben die „Espressobar“ in der Brandenburger Straße wieder eröffnet Den Traum hat Sven Kiwus vor sechs Wochen entdeckt: Der junge Berliner war zu Fuß auf dem Weg durch die Potsdamer Innenstadt, hauptberuflich ist er Handelsvertreter für Sportuhren. Aber statt Zeitmesser an den Geschäftsmann zu bringen, machte Sven Kiwus an diesem Tag ein anderes Geschäft. In der Brandenburger Straße, ganz nah an der Kirche St. Peter und Paul, sah er ein kleines Café. Leer, Betreiber gesucht. Für Kiwus perfekt. Gemeinsam mit seinem Bruder Christian hatte er schon vor anderthalb Jahren Konzept und Businessplan für ein eigenes Café geschrieben. Nur das Café, das hatten sie nicht gefunden. Bis jetzt. „Hier ist alles genau so, wie wir es uns vorgestellt haben“, sagt Christian Kiwus. Seit Sonnabend steht der 38-Jährige hinter dem rot gefliesten Tresen, bedient die laut fauchende Kaffeemaschine, brüht Espressi, schäumt Milch auf, belegt Ciabatta. Achtzehn Jahre hat er Damenoberbekleidung vertrieben, „60 000 bis 70 000 Kilometer bin ich im Jahr gefahren, ich war nur unterwegs“. Jetzt hat er angehalten, ist ausgestiegen. Jetzt sollen die Leute zu ihm kommen. Sein Bruder, vier Jahre jünger, muss noch ein wenig als Handelsvertreter unterwegs sein. „Einer braucht eben noch eine sichere Bank“, sagt Sven Kiwus. „Denn ein bisschen Mut und Unternehmerrisiko gehören ja auch dazu, bei dieser schlechten Wirtschaftslage“, ergänzt Christian. Ein Spiel auf Zeit ist die „Espressobar“ der Kiwus-Brüder aber nicht. Einen Drei-Jahres-Mietvertrag haben sie bei Eigentümerin Rebecca Mondet unterschrieben, mit Verlängerungsoption. Denn wirklich erfüllen wird sich ihr Traum erst, wenn sie den Gästen ihre Tagträume vom legeren südländischen Leben erfüllen können. „Bei uns soll Italien nur einen Tagtraum entfernt sein“, sagt Sven Kiwus. Kaffee inklusive Mentalitätswechsel wollen die Brüder servieren. „Hier in Deutschland sind viele zu negativ eingestellt“, meint Christian Kiwus. Dabei gehe es den Menschen im Vergleich noch gut. Und schließlich ist manches ja auch eine Frage der Einstellung: „Der Italiener arbeitet, um zu leben. Der Deutsche lebt scheinbar meist, um zu arbeiten.“ Falsch verstanden wissen will Christian Kiwus das natürlich nicht: „Wir wollen hier richtig arbeiten.“ Dabei setzen sie auf Individualität und Handarbeit, zum Espresso oder Latte Macchiato in der Pause gibt es gern einen kleinen Plausch dazu. Ganz harmonisch ist offensichtlich auch die Bruder-Beziehung. Streitereien kennen die gebürtigen Berliner, die schon jetzt ziemlich intensiv über einen Umzug nach Potsdam nachdenken, gar nicht. „Wir fahren sogar zusammen in den Urlaub.“ Privat pflegen Sven und Christian Kiwus nicht nur ihre italienische Leidenschaft – Espresso und Ciabatta werden seit Jahren auch daheim serviert – sondern auch ihre Hobbys. Schon als sie noch Schüler in Charlottenburg waren, gab es kaum eine Sportmannschaft ohne sie, vor allem spielten beide Handball. Heute gehen sie Joggen, tun etwas für ihre Fitness, spielen Tennis. Die „Espressobar“ sorgt zwar dafür, dass die Freizeit knapper bemessen ist, „aber man muss sich seine Chance erarbeiten“, weiß Christian Kiwus. Stammgäste wünschen sich, wie alle Gastronomen, die Brüder, und würden sich freuen, wenn „ihr“ oberer Abschnitt der Brandenburger Straße auch zur Fußgängerzone umgewandelt würde. Ansonsten sind die beiden zufrieden. Ihren Traum haben sie nicht nur entdeckt. Sondern auch verwirklicht.Sabine Schicketanz
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