Landeshauptstadt: Träumereien am Kamin
Richtfest der Villa Quandt am Pfingstberghang / Künftig als Haus der Literatur genutzt
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Am 23. September wird die Villa Quandt am Pfingstberghang als ein „Haus der Literatur“ eingeweiht. Dies kündigte der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Hartmut Dorgerloh, gestern beim Richtfest an. Frei nach Tucholsky werden dann in der um 1820 für einen Militär errichteten Bau sogar „Träumereien an preußischen Kaminen“ möglich. Dafür haben der Kunsthistoriker Stefan Gehlen und Bauleiter Demir Arslantepe gesorgt, indem sie zwei original erhaltene Kamine in die Restaurierung einbezogen. Einer davon steht im Vortragssaal und soll bei Lesungen beheizt werden.
Aber das ist nur eine Facette des Sanierungsvorhabens. In erster Linie geht es darum, das klassizistische Gebäude zum neuen Domizil des Fontane-Archivs auszubauen, in dem außerdem das Brandenburgische Literaturbüro seine Büros und die Stiftung selbst drei repräsentative Veranstaltungsräume erhalten wird. Das Archiv kann neben den Büros zwei Bibliotheksräume und das Kaminzimmer nutzen. Die Funktionen des künftigen Hauses der Literatur wurden so an den Raumbestand angepasst, dass dessen Struktur nicht verändert werden musste. Die Räume werden jedoch technisch modern ausgestattet. Dies betrifft besonders den Tresorkeller, in dem die Originalmanuskripte des „Wanderers durch die Mark“ aufbewahrt werden.
Landeskulturministerin Prof. Johanna Wanka forderte das Fontane-Archiv auf, unter den verbesserten Bedingungen wieder stärker öffentlichkeitswirksam zu werden. Im Gegensatz zur DDR-Zeit hatte sich die Einrichtung in den letzten Jahren kaum noch mit Publikumsveranstaltungen in das Potsdamer Kulturleben eingebracht. Dafür bietet nun auch die Kooperation mit dem ebenfalls in der Villa untergebrachten Brandenburgischen Literaturbüro neue Möglichkeiten.
Johanna Wanka würdigte im Beisein von Hermann-Hinrich Reemtsma, dass bei der Sanierung Spuren aus der Zeit zwischen 1945 und 1994 erhalten werden, als die Villa Quandt von den Besatzern als Verwaltungsgebäude in das so genannte „verbotene Städtchen“ des russischen Geheimdienstes einbezogen wurde. Aus diesen Jahren stammt ein weiß ausgemauertes Schwimmbecken und eine mit Holzbänken ausgestattete behelfsmäßige Sauna im Keller als Zeugnis für die Lebensweise der Offiziere. Sie soll den Besuchern des Hauses zur Besichtigung freigegeben werden. Wenn die 1996 der Stiftung übertragene Villa nach langem Leerstand nun endlich restauriert und neu genutzt werden kann, hat dazu die Stiftung des Hamburger Zigarettenfabrikanten Reemtsma mit einer Spende von 1,6 Millionen Euro wesentlich beigetragen. Ebenfalls 1,6 Millionen Euro steuert das Land Brandenburg aus einem EU-Förderprogramm bei.
Nachdem die Schwammsanierung des Hauses abgeschlossen ist, folgen nun die Eindeckung des Dachs sowie die Restaurierung der Fassaden, die auch ihren baukünstlerischen Schmuck zurückerhalten. Äußerlich wird die Villa nach Fertigstellung wieder so aussehen wie in den 1930er Jahren, als sie vom Kaiserssohn Prinz Oskar von Preußen für seine große Familie und die Unterbringung der Bediensteten um zwei Seitenflügel erweitert wurde. Mit ockerfarbenen Fassaden, Quaderputz und vorgebautem Balkon sah sie damals äußerst nobel aus, wie historische Fotos zeigen.
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