Etwas HELLA: Traumjob zu vergeben
Sind Sie Städtebaufachmann und suchen Sie einen Traumjob? Es ist gerade wieder einer freigeworden in Potsdam.
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Sind Sie Städtebaufachmann und suchen Sie einen Traumjob? Es ist gerade wieder einer freigeworden in Potsdam. Allerdings müssten Sie Tradition und Moderne gleichermaßen lieben, müssten der Schlösserstiftung ganz besonders zugetan sein und deren oft sehr speziellen Ansichten über Umgebungsschutz verstehen. Sie müssten in Streitfällen ein gewiefter Vermittler sein zwischen Denkmalschutz und den gegenwärtigen Wünschen der Stadtbewohner.
Neben hoher Sensibilität für die Historie der Stadt sollten Sie aber auch Potsdams Entwicklung auf dem Bausektor blitzartig voranbringen und mit moderner Vorzeigearchitektur punkten, vielleicht einem Zweisteinturm oder dem Ei des ... – na, wie Sie auch immer heißen werden. Darüber hinaus wäre ein dickes Fell vonnöten, so dass Sie auch irrwitzige Diskussionen perfekt durchstehen und bei Konfliktsituationen nicht aus der Haut fahren. Und all das müssten Sie unter einen Hut bringen, sodass niemand, aber auch wirklich niemand, etwas zu meckern hat. Können Sie all das mit links? Dann dürften Sie der beste Anwärter auf die Stelle des Baudezernenten in der Stadt der Schlösser und Gärten sein.
Dem gerade geschassten Amtsinhaber fehlten leider ein paar der genannten Eigenschaften. Er hat nicht nur mit der Diskussion über sein zu groß geratenes Eigenheim und falschen Aussagen in diesem Zusammenhang Vertrauen zerstört, er hat auch hart daran gearbeitet, mit flapsigen Äußerungen und einem autoritären Leitungsstil seine gesamte Umgebung zu verprellen. Hätte er doch einfach öfter Mal an der richtigen Stelle zum richtigen Zeitpunkt den Mund gehalten, auf ein charmantes Lächeln und Teamarbeit gesetzt, vielleicht wäre er dann der beste Baudezernent aller Zeiten geworden. Seine fachliche Arbeit hatte nämlich durchaus ihre guten Seiten, zum Beispiel beim Radwegeprogramm. Die von ihm angekurbelte Einengung der Zeppelinstraße steht allerdings schon wieder zur Disposition.
Mit seinen Baudezernenten hatte Potsdam bisher leider wenig Glück. Der erste nach der Wende stolperte über eine Immobilienaffäre, der nächste – ein Import aus Nordrhein-Westfalen – kam nicht aus den Puschen. Seine Nachfolgerin schaffte zwar eine ganze Amtsperiode und richtete zumindest keinen Schaden an, wie ihr von Fachleuten bescheinigt wurde, war aber auch nicht gerade ein Highlight. Und nun wieder ein vorzeitiges Aus und Schluss.
Da kann, glaube ich, nur noch ein Stoßgebet helfen: Lieber Gott, schicke uns einen fachlich und übermenschlich guten Engel mit geradezu teuflischer Durchsetzungskraft, der ganz viel Sinn für die Kulturhistorie dieser Stadt hat. Dazu aber den innigen Wunsch, auch mal moderne Architektur zu installieren und dabei einen großen Wurf zu landen. Und lieber Gott, mache ihn stark im Glauben an das schöne Potsdam, denn die Bezahlung für diesen göttergleichen Fachmann wird ziemlich irdisch ausfallen.
Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam
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