
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Treueschwüre für den Mäzen
Stadt und Schlösserstiftung wollen Döpfners Rückzug vom Pfingstberg verhindern. Proteste gehen weiter
- Henri Kramer
- Peer Straube
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Am Ende muss Mathias Döpfner der Kragen geplatzt sein. Der zermürbende Kleinkrieg mit den in der Bürgerinitiative „Offener Pfingstberg“ zusammengeschlossenen Anwohnern hat offenbar Spuren hinterlassen: Erst die immer wieder neu angebrachten Protestplakate am Zaun um den Park der Villa Henckel, dann die Demos für einen Abriss der Einfriedung, nun gab es nach PNN-Informationen sogar eine Beschwerde über ihn bei Friede Springer und Hassbriefe an alle Springer-Aktionäre. Die Folge: Döpfner, Chef des Springer-Konzerns, einem der größten Medienunternehmen Europas, steht offenbar kurz davor, sein privates Engagement zur denkmalgerechten Wiederherstellung des verwilderten Parks der Villa Henckel und der vom Verfall bedrohten Villa Schlieffen am Pfingstberg aufzugeben.
Jahrelang hatte ihn die Schlösserstiftung nach eigenem Bekunden bekniet, er möge sich des Areals annehmen. Es lag ja auch nahe. Die Villa Henckel gehört Döpfner, ein Teil des historischen Parks ebenfalls, beides hat er – und das ist nicht ohne Ironie – von der Stadt Potsdam gekauft und inzwischen aufwendig saniert. Für die Wiederherstellung des mit sechs Hektar weitaus größeren Teils des Parks will Döpfner noch einmal eine siebenstellige Summe aus der Privatschatulle ausgeben, in der Villa Schlieffen soll seine private Kunstsammlung öffentlich ausgestellt werden.
Dieses Vorhaben steht nun auf der Kippe. Döpfner selbst äußerte sich am Freitag auf Nachfrage nicht, doch hat ihn die anhaltende Kritik offenbar hart getroffen. „Er dachte, er macht etwas Gutes und wird dafür nun persönlich angegriffen“, heißt es aus seinem Umfeld. Döpfner fühle sich in der Debatte inzwischen als Prügelknabe – auch weil es an Unterstützung von offizieller Seite mangele.
Schlösserstiftung, Rathausspitze und Kulturministerium bemühten sich am Freitag eiligst um Schadensbegrenzung und gaben Treueschwüre ab. Stiftungschef Hartmut Dorgerloh, Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Brandenburgs Kulturministerin Sabine Kunst (parteilos) dankten Döpfner unisono und ausdrücklich für sein Engagement, das man sehr schätze und würdige. Auch Potsdams Stadtpolitik reagiert alarmiert. SPD-Fraktionschef Mike Schubert sagte den PNN, er hoffe, dass Döpfner bei seinem Engagement bleibe. Dies wäre ein „Gewinn für die Stadt“. CDU-Fraktionschef Matthias Finken erklärte, Potsdam benötige Investoren wie Döpfner, die alte Villen wieder restaurierten. Die Schuld für die aktuelle Lage gab er der Schlösserstiftung, die sich fragen lassen müsse, „ob sie nicht durch geschicktes Handeln die Situation hätte vermeiden können“. Linke-Kreischef Sascha Krämer wurde noch deutlicher: Die Informationspolitik der Stiftung bei dem Vorhaben sei intransparent gewesen, Dorgerloh habe auf einen „Beglückungseffekt gesetzt, der kritische Nachfragen verhindern sollte“. Grünen-Fraktionschef Peter Schüler erklärte, ein Rückzug Döpfners wäre bedauerlich, aber angesichts der Anfeindungen auch verständlich.
Er sei „außerordentlich besorgt“ darüber, dass die Situation derart eskaliert sei, sagte Jakobs den PNN. Er, Dorgerloh und Kunst setzen ihre Hoffnungen nun auf ein Krisengespräch, bei dem Döpfner von einem Rückzug abgebracht werden soll. Das freilich kann erst in der übernächsten Woche stattfinden – nach Jakobs’ Sansibar-Reise, zu der er am heutigen Samstag aufbricht. Unterdessen gehen die Proteste weiter: Vor dem Stadthaus demonstrierte die Bürgerinitiative „Offener Pfingstberg“ am Freitagabend erneut für eine sofortige Beseitigung des Zauns. Dabei skandierten die etwa 20 Teilnehmer, unter ihnen viele Kinder, den Reim: „Lieber Oberbürgermeister, dieser Zaun ist Scheibenkleister.“ Dem Vernehmen nach will die Stiftung den Zaun – selbst wenn Döpfner abspringen sollte – stehen lassen. Ein Gutachter habe bei einer sogenannten Gefährdungsbeurteilung gefordert, dass das Areal abgesperrt werden müsse, um „die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und Gefahren abzuwenden“.
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