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Aus dem GERICHTSSAAL: Triebwagenfahrer mit drei Promille unterwegs

Fahrtenschreiber zeichnete keinerlei Unregelmäßigkeiten auf/Bewährungsstrafe

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Aus dem GERICHTSSAALFahrtenschreiber zeichnete keinerlei Unregelmäßigkeiten auf/Bewährungsstrafe Die Fahrerlaubnis war wegen Trunkenheit im Verkehr schon lange futsch. Ans Steuer seines Triebwagens durfte Holger H. (39, Name geändert) dennoch, obwohl der Deutschen Bahn bekannt war, dass der Lokführer unter hochgradigem Alkoholismus leidet. „Ich war lange trocken. Da gab man mir eine zweite Chance“, begründete der Mann mit dem roten Gesicht die Milde seines Arbeitgebers. Am 29. Mai dieses Jahres hatte er dann einen Rückfall. Obwohl Holger H. wusste, dass sein Dienst um 13 Uhr beginnt, leerte er zuvor eine ganze Flasche Whisky. Die Fahrgäste zwischen Wustermark und Potsdam merkten nicht, dass sie sich einem stark Angetrunkenen anvertraut hatten. Er stoppte pünktlich und exakt an allen Haltestellen. Der später von der Polizei ausgewertete Fahrtenschreiber des Triebwagens wies keinerlei Unregelmäßigkeiten auf. Der Zugbegleiter roch allerdings die „Fahne“ des Holger H. und informierte den Bundesgrenzschutz. Der nahm den Mann um 14.50 Uhr auf dem Potsdamer Hauptbahnhof fest. Die dem Fahrer zwei Stunden später entnommene Blutprobe wies da immerhin noch den stolzen Wert von 3,02 Promille auf. „Ich hatte private Probleme, habe lange alles in mich reingefressen. Irgendwann musste ich einfach zur Flasche greifen“, begründete Holger H. seinen „Absturz“ gestern vor dem Amtsgericht. Nach dem Vorfall sei er in den Innendienst versetzt, zum 31. Dezember 2004 gekündigt worden. „Ich sollte meinem Vorgesetzten Bescheid sagen, wenn ich das Gefühl habe, wieder trinken zu müssen“, so der wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr Angeklagte. Aus Angst um seinen Job habe er das allerdings nicht getan. Seit zwei Wochen habe er keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt, eine Entwöhnungstherapie begonnen, sich auch einer Selbsthilfegruppe angeschlossen, die ihm Halt gebe, berichtete der inzwischen fahrdienstuntauglich Geschriebene. „Als Triebwagenfahrer hatten sie eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber ihren Passagieren“, stellte die Richterin klar. Da der Angeklagte alkoholgewöhnt sei, nach einer Flasche Whisky zwar fahrunfähig, dennoch nicht sturzbetrunken war, sei keine konkrete Gefährdung der Fahrgäste eingetreten. Die Sanktion für derlei Verhalten müsse allerdings spürbar sein. Holger H. wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zu zweijähriger Bewährung, verurteilt. Er muss eine Geldbuße von 800 Euro an die Gerichtskasse zahlen und die begonnene Alkoholentwöhnungstherapie fortsetzen. Gabriele Hohenstein

Gabriele Hohenstein

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