Sport: Über den Beetzsee nach Peking
Potsdams Skull-Asse wollen bei den Deutschen Kleinboot-Meisterschaften in Brandenburg vorn mitrudern
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Christiane Huth wirft den Fehdehandschuh sozusagen aufs Wasser: „Ich will mir den Titel zurückholen“, erklärt die Skullerin der Potsdamer Ruder-Gesellschaft vor den Deutschen Kleinboot- Meisterschaften am kommenden Wochenende auf dem Brandenburger Beetzsee. Dazu müsste die 27-Jährige allerdings keine Geringere als ihre Vereinskameradin Kathrin Boron entthronen. Als Christiane Huth 2006 auf dem Beetzsee Deutsche Meisterin im Einer wurde, pausierte die vierfache Olympiasiegerin vom „Seekrug“. Im Jahr darauf gewann Boron vor Huth den Solo-Titel, so wie schon 1996 und 2005. „Ich bin wieder gut in Form, kann mich richtig belasten und denke, dass ich die Titelverteidigung angehen kann“, sagt die 38-Jährige aus Caputh, die beim Langstrecken-Rennen in Leipzig – dem traditionellen Saisoneinstieg der Ruderer – noch wegen einer angebrochenen Rippe pausieren musste.
Christiane Huth wurde Ende März nach den sechs Kilometern auf dem Elster- Saale-Kanal in Burghausen Fünfte, was sie selbst nicht zufrieden sein ließ. Nun, auf der üblichen 2000-Meter-Distanz, will sie der nationalen Konkurrenz das Heck ihres Einers zeigen. Sie muss es sogar, um ihr großes Ziel zu erreichen – den Start bei den Olympischen Spielen in Peking. Nach den Weltmeisterschaften 2007 in München, bei denen sie im Doppelzweier mit der Dresdnerin Peggy Waleska nur auf Platz sechs gerudert war, kam die Hotelfachfrau unter die Fittiche der einstigen Einer-Olympiasiegerin und -Weltmeisterin Katrin Rutschow-Stomporowski und stellte sich ein Ziel: Deutschland im Olympiajahr im Einer zu vertreten. „Um das verwirklichen zu können, muss ich am Sonntag gewinnen“, meint Huth, die sich optimistisch zeigt: „Ich habe gut trainiert und freue mich auf diesen Wettkampf. Es wird sicher auch auf die Tagesform ankommen, aber ich bin zuversichtlich. Wichtig ist, dass es im Kopf stimmt, und ich bin sehr motiviert.“ Die WM-Dritte von 2006 im Doppelvierer weiß: „Jetzt geht es um alles oder nichts.“
Schließlich sind die diesjährigen Kleinboot-Meisterschaften mit der gesamten deutschen Ruder-Elite bereits die entscheidende Selektion für das Olympiateam. „Ich erwarte wichtige Erkenntnisse zum Trainingszustand des Top- Teams Peking“, meint Michael Müller, der Sportdirektor des Deutschen Ruderverbandes. Und Skull-Bundestrainerin Jutta Lau aus Potsdam erklärt zum bevorstehenden Zweikampf der beiden Seekrug-Skullerinnen: „Ich bin gespannt, wie dieses Duell ausgeht.“ Im vergangenen Jahr standen mit Boron, Huth und Stephanie Schiller gleich drei Potsdamerinnen auf dem Siegersteg. „Das war toll. Es wird aber schwer, dies zu wiederholen“, glaubt Jutta Lau.
Insgesamt elf Skullerinnen der Potsdamer Ruder-Gesellschaft bestreiten den Titelkampf am Wochenende in Brandenburg: Neben Boron und Huth auch die Vorjahres-Dritte Stephanie Schiller, Jeannine Hennicke, Juliane Domscheit, Anna-Theresa Kluchert, Rebekka Klemp, Christin Hoffmann und Anne Kliesch im normalen Skiff sowie Daniela Reimer und Mandy Reppner im Leichtgewichts-Einer.
Auch bei den Männern hat die Potsdamer Ruder-Gesellschaft Medaillenchancen, obwohl hier – erstmals wieder nach einigen Jahren Abstinenz – der derzeit stärkste deutsche Einer-Ruderer Marcel Hacker (Frankfurt/Main) in den nationalen Titelkampf eingreift. In seiner Abwesenheit gewannen im vergangenen Jahr Hans Gruhne und Clemens Wenzel aus dem „Seekrug“ Silber und Bronze hinter dem Berliner Robert Sens, 2004 und 2006 wurde ihr Klubkamerad Falko Nolte sogar Deutscher Meister. „Ich will meine Leistung aus dem vergangenen Jahr bestätigen. Und wenn die Möglichkeit besteht, werde ich versuchen anzugreifen“, sagt Gruhne, dem WM-Bronze im vergangenen Jahr mit dem Doppelvierer „viel Selbstvertrauen“ gab, wie er selbst meint. Zwei Erkältungen im Winter hätten ihn ein bisschen zurück geworfen, aber er habe sich gut zurück gearbeitet, meint der Zwölftklässler der Potsdamer Sportschule, der heute Vormittag über einer Mathe-Klausur brütet, ehe es wieder zum Training geht. Und die Wärmetrainingslager im Januar/Februar im italienischen Sabaudia und im März im spanischen Sevilla habe er gut genutzt. „Jeder weiß, dass es diesmal praktisch schon um die Olympiafahrkarten geht. Das erhöht den Druck auf jeden und wird den Kampf um die Plätze noch härter machen“, ahnt der 19-Jährige. Neben ihm werden nun auf dem Havelwasser auch Clemens Wenzel, Karsten Brodowski, Falko Nolte, Dirk Thiele und der von den Junioren aufgerückte Tim Bartels die Farben der PRG vertreten. Außerdem rudern jeweils im Zweier ohne Steuerfrau beziehungsweise -mann Katja Schindler und Madleen Kurpiela sowie Thomas Protze (alle Potsdam) mit dem Hallenser Christoph Zimmermann
Potsdams Skull-Coach Bernd Landvoigt hofft, dass einige seiner Schützlinge ähnlich gut wie in den letzten Jahren auf sich aufmerksam machen können. „Alle sind an Deck und wollen es nun wissen“, erklärt der 57-Jährige. Der hofft, dass am Wochenende der Wind und die weiteren äußeren Bedingungen am Beetzsee eine faire Olympia-Selektion ermöglichen. Am kommenden Mittwoch werden die zehn bis zwölf besten Einer-Skuller des Wochenendes bei einem Zweier-Test ebenfalls auf dem Beetzsee gegeneinander antreten. Der beste Zweier hat dann beim ersten Weltcup vom 9. bis 11. Mai in München seine internationale Nagelprobe zu bestehen, ebenso wie der Doppelvierer, der aus den anderen Skullern ausgewählt wird. Die Frauen mit Christiane Huth und Kathrin Boron werden diese Zweier-Rennen unter dem München-Aspekt schon am Sonntagnachmittag absolvieren.
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