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Oliver Valdorf.

©  Manfred Thomas

ZUR PERSON: Über die Kinder an die Eltern kommen

Der Drewitzer „Arche“- Leiter Oliver Valdorf über neue Angebote für Jugendliche und Unterstützung für Eltern

Stand:

Eine „Arche“ in der Stadt, ist das nicht ein Eingeständnis für eine Kommune, die Armut nicht mehr zu beherrschen?

Wir sind schon der Meinung dass zu wenig gegen Armut getan wird. Die Kommunen müssten mehr machen. Doch bevor gar nichts getan wird, machen wir es. Und es wäre ja auch nicht schlau, wenn das Geld, das zur Verfügung steht, nicht von uns genutzt würde – um den Kindern und den Familien zu helfen.

Seit September 2008 ist die Arche in Drewitz aktiv. Das erste Domizil war die Priesterweg-Grundschule. Wie kam es zum Engagement?

Das ging eigentlich ganz schnell. Im August 2008 gab es ein Gespräch mit der Schulleiterin der Priesterweg-Grundschule, Elvira Eichelbaum. Dann haben wir nur vier Wochen später mit Beginn des Schuljahres bereits die Mittagsversorgung der Grundschüler mit einem vierköpfigen Pädagogenteam betreut. Einer unserer Vorteile ist es, dass wir schnell und unbürokratisch reagieren können.

Warum ausgerechnet Drewitz, warum gerade diese Schule?

Durch Gespräche mit dem Potsdamer Jugendamt wurden wir auf die besondere Situation an der Schule und im Stadtteil hingewiesen. Dann ging alles sehr schnell, ohne bürokratisches Zaudern. Die Schule sagte, das passt, wir wollen euch, das passt zur Idee einer Stadtteil- und Ganztagesschule.

Stand zu diesem Zeitpunkt schon fest, dass sie den benachbarten, ehemaligen Getränkemarkt als Arche-Treffpunkt ausbauen?

Ja. Allerdings war unser Interesse an einer festen Zusammenarbeit mit der Schule von Beginn an sehr groß, auch um die Kontakte zu den Kindern aufzubauen.

Wie viele Kinder werden täglich betreut?

Jetzt ist es ein Schnitt von 50 bis 60 Kindern täglich, im Alter von sechs bis 13 Jahren. Aber wir wollen auch älteren Kindern zukünftig einen Anlaufpunkt bieten. Auch unsere jetzigen Besucher werden ja älter. Deshalb planen wir, einen Jugendklub im Keller des Hauses einzurichten. Zwei Räume müssen mit Mobiliar ausgestattet werden, Stühle, Tische, vielleicht eine Theke sind angedacht. 20 000 Euro wird das Vorhaben sicherlich kosten, das müssen wir sehen, wie wir das Geld zusammenbekommen.

Welche Angebote bietet die „Arche“ ihren Besuchern?

Wir machen Hausaufgaben mit ihnen, schauen individuell nach Nachhilfe und Förderung bei den Kindern. Dann steht natürlich die Freizeitpädagogik im Vordergrund, die sollen hier toben und sich beschäftigen. Dafür gibt es verschiedene Räume, unter anderem den Tobe- und Spieleraum. Außerdem wollen wir künftig besonders im Musik- und Theaterbereich Angebote bereitstellen, denn das sind Angebote, die teuer sind im Alltag. Unser erstes Theaterprojekt Ende 2009 wurde gut angenommen.

Neben Spielzeiten sollen die Kinder auch unterstützt, ihr Leben verschönert werden. Wie kommen sie an die Kinder heran?

Indem wir an die Familien gehen, unter anderem mit dem Programm „Fun“, Familie und Nachbarschaft, das wir Ende vergangenen Jahres getestet haben. Gemeinsam mit der Schulsozialarbeiterin haben wir fünf Familien kontinuierlich über acht Wochen am Nachmittag getroffen, um ihnen Erziehungshilfen an die Hand zu geben sowie das Familienleben zu fördern. Das war ein Projekt, das gut angekommen ist. Ziel ist es, über die Kinder an die Eltern zu kommen, um das Familienleben zu verbessern.

Wie lassen sich Eltern denn überzeugen, Hilfe von außen anzunehmen?

Die praktische Hilfe ist oft der Schlüssel. Wenn wir hören, dass Mobiliar benötigt wird und wir haben Passendes im Lager, dann fragen wir an, ob wir helfen können. Wir unterstützen aktiv bei der Wohnungssuche, übernehmen auch mal Fahrten. Es gibt anwaltliche Hilfe bei gerichtlichen Fragen. So erhalten wir oft Zutritt zu den Familien und erreichen Vertrauen bei den Eltern. Nur dann kann man auch weitere Schritte gehen und die Eltern motivieren, selbst aktiv zu werden.

Was sind häufigste Probleme in den Familien, die bei der Arche Unterstützung suchen? Sind es besondere Schwierigkeiten im Vergleich zu anderen Archen?

Grundprobleme bleiben überall Hartz IV und Arbeitslosigkeit. Das führt ja auch zu Perspektivlosigkeit innerhalb der Familien. Aber es gibt schon Unterschiede. In Hamburg sind es viele, viele Migrantenkinder, die die Arche besuchen. Die kommen mit ganz spezifischen Problemen aus ihren Familien und Kulturen.

Wie hoch ist der Migrantenanteil in Drewitz?

Zwischen fünf und zehn Prozent dürfte der Anteil liegen. Es sind zwar weniger als anderswo, aber sie sind da und kommen mit ihren Problemen und berechtigten Ansprüchen.

Seit September 2009 hat die Arche einen eigenen Standort, direkt neben der Priesterweg-Grundschule. Der Ausbau und die Eröffnung des neuen Sitzes geschah auch mit prominenter Unterstützung wie von Günther Jauch oder Henry Maske. Wie wichtig sind Prominente für die „Arche“?

Enorm wichtig. Auf der einen Seite werden Prominente in der Öffentlichkeit immer wieder gefragt, warum sie etwas machen, so wird auch unser Angebot bekannt. Gerade Günther Jauch ist als seriöser Prominenter bekannt, das dann auch mit der Arche verbunden wird. Da haben wir es sehr gut getroffen. Andererseits ist natürlich die Gefahr da, dass sich andere Spender zurückziehen. Schnell kann der Eindruck entstehen, es gebe genügend Prominente, die die Arche unterstützen. Das erleben wir in Potsdam allerdings noch nicht. Es ist eher andersherum, dass durch Jauchs Werbung für die Arche auch andere unser Angebot als unterstützenswert ansehen.

Sind die Potsdamer denn spendenfreudig?

Auf jeden Fall, gerade vor Weihnachten kamen Privatpersonen und Firmen, die uns Kleidung und Spiele angeboten haben. Aber auch Geldspenden wurden gegeben. Letztlich wird das Geld bei uns aber auch benötigt: Die laufenden Kosten liegen bei rund 100 000 Euro pro Quartal. Dann gibt es noch Kosten für Aktivitäten, wie Camps oder Kurse. Da schauen wir nach weiteren Geldgebern.

Gibt es neben Günther Jauch, der für die Betriebskosten des neuen Arche-Hauses aufkommt, noch andere Großspender?

Das in Potsdam ansässige Energieunternehmen „Danpower“ sponserte im vergangenen Jahr 60 Priesterweg-Schülern das Mittagessen. Außerdem hat die Firma für zwei Jahre unsere Fernwärmekosten übernommen. Das sind wertvolle Unterstützungen.

Die Fragen stellte Kay Grimmer

Oliver Valdorf (35) ist pädagogischer Leiter der Drewitzer „Arche“ und arbeitet seit 2008, dem Start des Christlichen Kinder- und Jugendwerks in Potsdam. Der ausgebildete Sozialarbeiter mit Diplom sammelte zuvor in anderen Arche-Standorten, so auch im Stammhaus in Berlin-Hellersdorf Erfahrungen in der Arbeit mit sozial benachteiligten Kindern. Am Potsdamer Standort der vom Pfarrer Bernd Siggelkow gegründeten Einrichtung unterstützen ihn neben Mitarbeitern auch ehrenamtliche Kräfte bei seiner Arbeit mit den Kindern. Oliver Valdorf ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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