Etwas HELLA: Über diese Brücke wolln wir gehn
Wer hat schon Geld zu verschenken? Potsdam bestimmt nicht.
Stand:
Wer hat schon Geld zu verschenken? Potsdam bestimmt nicht. Ich muss nicht aufzählen, was alles noch gestemmt werden soll. Die Erneuerung der Langen Brücke auf die lange Bank zu schieben, bis es keine Fördermittel mehr gibt – das geht deshalb gar nicht. Schließlich sind wir keine Flughafenerbauer, die Geld ohne Ende versemmeln können. Die Lange Brücke soll auch keine Landebahn für Flugzeuge werden. Nur Autoverkehr, darüberradelnde Radfahrer und laufende Fußgänger.
Und wir kriegen die Sanierung auch termingerecht fertig. Ehrenwort. Schließlich wirbelt bald der neue Baubeigeordnete los und der wird’s richten. Dessen bin ich gewiss. Von ihm hört man im Moment nicht viel, aber das ist ein gutes Zeichen. Denn das zeigt, dass er im Stillen nachdenkt und dann mit dem ganz großen Wurf herausrückt. Zum Beispiel mit einem vorgezogenen Baubeginn an der Brücke, die schon heute marode genug ist, um ein solches Vorgehen zu rechtfertigen. Seine Mitarbeiter treibt der neue Bauchef damit nicht etwa in den Wahnsinn, sondern zu solchen Höchstleistungen an, dass sie schnell und trotzdem exakt die Baumaßnahmen vorbereiten. Vorfristig, wie gesagt. Und die Landesregierung, die eigentlich gewohnt ist, dass Großprojekte von einem Dilemma ins nächste stolpern und Leute entlassen werden, die den Eindruck vermittelten, sie könnten das Flughafenprojekt tatsächlich stemmen, ist ob der sachkundigen Arbeit in Potsdam so verblüfft, dass sie mehr Fördermittel als eigentlich vorgesehen bewilligt. Im Zuge dieser komplexen und vorfristigen Baustellenvorbereitung wird der Umbau des Leipziger Dreiecks gleich mit in Angriff genommen, denn wenn man auf der Langen Brücke schon nicht durchkommt und sich auf gemütliche Staus an der Humboldtbrücke mit Kaffee und Kuchen einrichten muss, dann kann die verkorkste Verkehrssituation auch gleich am dreieckigen Verkehrsknoten beginnen.
Das wiederum freut die Landesregierung, obwohl sie eigentlich auch mal zwischen Regierungssitz und Landtag über die Lange Brücke pendeln müsste. An die Humboldtbrücke hat sie nämlich gute Erinnerungen. Beim lange währenden Knatsch um die Fördermittel siegte seinerzeit das Land, denn der damalige Baubeigeordnete hatte schlicht zu hoch gepokert. Er wollte mit einem Baustopp eine Erhöhung der Fördermittel erzwingen – scheiterte aber kläglich. Der streitbare Dezernent hatte die Rechnung nämlich ohne den Wirt gemacht. Wenn ihr nicht bald weiterbaut, hatte es vom Land geheißen, müsst ihr alle Fördergelder zurückzahlen, die ihr für die Sanierung der ersten Brückenhälfte bekommen habt. Also nahm der Baubeigeordnete doch, was er kriegte. So machen wir das diesmal auch – aber nun ganz schnell. Gehen Sie mit mir über diese Brücke?
Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam
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