
© A. Klaer
Von Peer Straube: Über Spandau direkt zum Berliner Hauptbahnhof Kompromiss im Streit um zeitgleiche Sanierung von Avus und Fernbahn.
RB 21 wird im Berufsverkehr zum Zubringer / Jakobs für ganztägiges Angebot
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Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte wohl ein lachendes und ein weinendes Auge. Vehement hatte er in den vergangenen Tagen gefordert, Potsdams Hauptbahnhof dürfe nicht vom Regionalverkehr abgekoppelt werden, wenn Avus und die Fernbahn durch den Berliner Grunewald zeitgleich saniert werden. Zumindest dies ist nach dem gestrigen Krisengipfel, zu dem Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger mehrere Bahnvertreter einbestellt hatte, sichergestellt. Die gute Nachricht lautet also: Es wird eine direkte Regionalbahnverbindung zwischen den Hauptbahnhöfen von Berlin und Potsdam geben. Die schlechte Nachricht ist zweiteilig: Der Direktzubringer wird nur im Stundentakt in den Berufsverkehrszeiten angeboten, morgens von 6 bis 9 Uhr und abends von 16 bis 19 Uhr – und die Reise dauert mit 45 Minuten sogar fünf Minuten länger als die vergleichbare Fahrt mit der S-Bahn.
Die Gründe liegen in der Route: Von Potsdam-Hauptbahnhof fahren die Züge der Regionalbahn 21, die dafür eingesetzt werden sollen, über Potsdam-Charlottenhof und -Sanssouci über Golm, Marquardt und Priort und stoppen dann in Dallgow-Döberitz, Berlin-Spandau und Jungfernheide, bevor sie den Berliner Hauptbahnhof erreichen. Jakobs sagte den PNN, ob wirklich alle Stopps nötig seien, müsse noch diskutiert werden. Der Bahnkundenverband fordert ebenfalls eine Reduzierung der Zahl der Haltepunkte, damit die Fahrt schneller geht. Seite an Seite mit Jakobs steht der Bahnkundenverband auch bei der Frage, die Direktverbindung nicht nur im Berufsverkehr, sondern ganztägig anzubieten. Man dürfe nicht nur die bis zu 70 000 Berufspendler im Blick haben, sondern auch die zahlreichen Touristen, sagte Conrad Anders vom Bahnkundenverband.
Um Potsdam und das Umland während der Sanierung an Berlin anzubinden, setzt der gestern vorgestellte Kompromiss auf eine ganze Reihe von Maßnahmen. Glänzend angebunden wird dabei aus Potsdamer Sicht vor allem der Uni- und Wissenschaftsstandort Golm sein. Drei Züge sollen dort stündlich nach Potsdam-Hauptbahnhof rollen, rund acht Minuten Reiszeit können Studenten, die aus Berlin kommen, künftig sparen. Denn es hält nicht nur der Direktzubringer des RB21, sondern mit dem RB22 auch der Regio zum Flughafen Schönefeld sowie die Regionalbahnlinie RE1, die auch künftig von Magdeburg nach Frankfurt (Oder) bzw. Eisenhüttenstadt durchfährt. Der nächste Stopp nach Golm ist während der Bauzeit dann aber Berlin-Charlottenburg. Er dränge darauf, dass diese gute Anbindung von Golm nach Berlin auch nach Ende der Sanierungsarbeiten aufrechterhalten wird, sagte Jakobs.
Keine Lösung gibt es nach derzeitigem Stand für jene Pendler, die mit dem Regionalzug RE 7 in die Medienstadt zur Arbeit fahren. Da die Linie ebenfalls geteilt wird – in die Abschnitte Dessau - Wannsee und Charlottenburg - Wünsdorf-Waldstadt – müssen sie auf die S-Bahn ausweichen und am Bahnhof Griebnitzsee aussteigen.
Etwaige Mehrkosten bei den Verkehrsunternehmen ViP und Havelbus für sanierungsbedingte Ersatzverkehre, ließ Jakobs bereits durchblicken, würden nicht von den Kommunen getragen. Darüber werde zu verhandeln sein.
Rund die Hälfte der Pendler soll die S-Bahnlinie S 7 auffangen, die dann wieder im Zehn-Minuten-Takt fährt. Dass sie das trotz voller Zuglänge schafft, bezweifelt Anders angesichts der anhaltenden technischen Probleme. „Ich traue der S-Bahn kein Stück mehr“, sagte Anders.
Hans-Werner Franz, Chef des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), hält den Kompromiss für gut. Auf den meisten Strecken verlängere sich die Reisezeit um maximal zehn Minuten. Und diese schlimmste Phase werde ein Jahr dauern, von Dezember 2011 bis Dezember 2012. Ab 2013 soll es dann für die Potsdamer sogar besser werden als jetzt: Regionalbahnen sollen dann im 15-Minuten-Takt Richtung Berlin rollen.
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