Aus dem GERICHTSSAAL: Überfallopfer Dennis: „Ich hatte eine Schweineangst!“
Ein Jahr und neun Monate Haft für Gewaltorgie im Lustgarten / Zuvor ergangenes Urteil einbezogen
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Aus dem GERICHTSSAALEin Jahr und neun Monate Haft für Gewaltorgie im Lustgarten / Zuvor ergangenes Urteil einbezogen Bereits mit zehn Jahren knackte Leon L.* (23) mit Gleichgesinnten serienweise Autos, trank Alkohol, nahm Drogen. Die Polizei – so sein Verteidiger Hans-Jürgen Kernbach während des gestrigen Prozesses – atmete auf, als der Jungkriminelle 14 Jahre alt und somit strafmündig wurde. Das Jugendgericht fackelte dann auch nicht lange und steckte Leon für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Seitdem verbrachte der Potsdamer mehr Zeit hinter „schwedischen Gardinen“ als in Freiheit. Seit dem 11. November 2004 sitzt er wegen versuchten Raubes, Körperverletzung sowie unerlaubten Rauschgiftbesitzes in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg. Die neueste Anklage legt Leon L. zur Last, während des Rummels am 17. April 2004 im Lustgarten mit der Faust auf einen damals 20-Jährigen eingedroschen, sein Opfer später mit einer Gaspistole in Schach gehalten, ihm mehrfach den Griff der Waffe über den Kopf gezogen zu haben. Anlass der Gewaltorgie sei die Weigerung des Mannes gewesen, Leon L. sein Mobiltelefon auszuhändigen, damit er nachschauen könne, mit wem der Geschädigte zuletzt telefonierte. „Mein Bruder rief mich an. Er sagte, ihm sei die Monatskarte abgezogen worden, und der Dieb befände sich im Lustgarten“, berichtet das Überfallopfer Dennis D.* im Zeugenstand. Als er dem Jüngeren zu Hilfe eilte, habe dieser auf eine Gruppe gezeigt, in der sich der vermeintliche Täter befinden sollte. Die Clique habe den Diebstahl bestritten. „Ich bin dann gegangen, weil das nichts brachte und wollte telefonieren. Da verpasste mir der Angeklagte zwei bis drei Faustschläge aufs Auge. Die anderen stellten sich im Kreis um mich herum, damit kein Außenstehender etwas mitkriegen sollte“, erinnert sich der Zeuge. „Ich hatte eine Schweineangst. Der Angeklagte forderte die Herausgabe meines Handys. Als ich mich weigerte, bin ich in ein Gebüsch gezogen und mit der Pistole bedroht worden. Die habe ich dann auch noch zwei- bis dreimal über den Kopf bekommen.“ Aus Angst habe er das Mobiltelefon schließlich an ein Mädchen herausgegeben. „Wie ging es Ihnen hinterher?“, fragt die Vorsitzende des Schöffengerichts, Dr. Birgit von Bülow. „Ich hatte ein richtig dickes Veilchen und Beulen am Kopf. Weil ich so unmöglich arbeiten konnte, war ich zwei Wochen krank geschrieben“, erzählt der Einzelhandelskaufmann. „Kann sein, dass ich die Monatskarte kurz hatte“, räumt Leon L. ein. Später habe sie allerdings jemand anderes eingesteckt. Als Dennis D. immer wieder danach fragte, habe er rot gesehen. „Ich hatte auch getrunken“, versucht der Angeklagte, sein Ausrasten zu entschuldigen.“ Leon L. wird – unter Einbeziehung einer zuvor gegen ihn ergangenen Entscheidung – wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt. (*Namen geändert) Hoga
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