Landeshauptstadt: „Überhaupt nicht auf dem Abwicklungstrip“
Potsdamer Krankenhausfusion soll Berliner Großunternehmen Übernahme erschweren – vor allem, wenn 2006 die Länderfusion kommt
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Potsdamer Krankenhausfusion soll Berliner Großunternehmen Übernahme erschweren – vor allem, wenn 2006 die Länderfusion kommt Innenstadt. Das neue Potsdamer Gemeinschaftskrankenhaus, das es nach Willen der Stadtverwaltung ab dem 1. Januar 2004 geben wird, soll die Landeshauptstadt vor allem in der Konkurrenz zu Berlin stärken. „Potsdam soll das Krankenhaus sein, wo zumindest der Berliner Südwesten hinmöchte“, sagt Dr. Eckart Frantz, Chefarzt der Inneren Abteilung des St. Josefs. „Das kann man schaffen.“ Die bundesweit erste Fusion eines städtischen Klinikums, des Ernst von Bergmann, mit dem katholischen St. Josefs-Krankenhaus, ist seiner Ansicht nach wirtschaftlich begründet. „Kommt die Länderfusion im Jahr 2006, stehen wir im direkten Wettbewerb mit Berlin.“ Deshalb müsse das Gemeinschaftskrankenhaus seine Leistungen erweitern. Außerdem müsse angesichts der leeren Stadt- und Landeskassen die Frage erlaubt sein, welche Alternativen es zur Fusion mit dem St. Josefs gebe, meinte Dr. Frantz gestern bei einem Informationsbesuch der Potsdamer SPD-Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein. „Bei anderen Anbietern gibt es auch kein Zuckerschlecken.“ Damit bestätigte Dr. Frantz zumindest indirekt, dass ein Verkauf der städtischen Anteile am Klinikum nicht ausgeschlossen scheint. Ein Gemeinschaftskrankenhaus könnte besser dagegen gewappnet sein, dass eines der großen Berliner Krankenhausunternehmen auch in Potsdam aktiv wird, so Dr. Frantz. Wirtschaftlicher Hintergrund der geplanten Fusion ist auch eine gesetzliche Neuerung: Ab dem 1. Januar 2004 werden die Krankenhäuser bundesweit nicht mehr nach einem an der Verweildauer der Patienten orientierten System finanziert, sondern mit Pauschalsummen für eine bestimmte Diagnose. „Diagnosis Related Groups“, kurz DRG, heißt dieses Fallpauschalensystem. Um im neuen Finanzierungssystem zu bestehen, arbeiteten die Krankenhäuser an den Grenzen der Wirtschaftlichkeit, erklärte Thorsten Celary, kaufmännischer Direktor des St. Josefs, das sich in Trägerschaft der Alexianerbrüder und der St. Peter und Paul-Gemeinde befindet. Da mit dem Inkrafttreten des neuen Systems eine Reduzierung der Verweildauer der Patienten – in der Inneren Abteilung habe man sie schon von 9,5 Tagen (2001) auf 7,9 Tage (2002) senken können – und damit auch eine Reduzierung der Krankenhausbetten um 15 bis 40 Prozent zu erwarten sei, wäre die Fusion um so wichtiger, so Celary. Morgen entscheiden die Stadtverordneten über den Fusions-Grundsatzbeschluss. Dr. Frantz versicherte, dass man trotz der Fusionspläne im St. Josefs „überhaupt nicht auf dem Abwicklungstrip“ sei. Ein „dicker Wermutstropfen“ sei nur, dass der bisherige traditionelle Standort des St. Josefs an der Allee nach Sanssouci aufgegeben werde. Das Grundstück verbleibe aber ganz sicher im Besitz der gemeinnützigen GmbH St. Josefs, sagte Celary. Sobald die Entscheidung über die Fusion gefallen sei, werde über die weitere Nutzung entschieden. Die denkmalgeschützte Fassade des abgerissenen Gebäudes in der Zimmerstraße, die nunmehr dasteht wie eine Filmkulisse, dürfe offiziell drei Jahre so stehen bleiben. „Ein sozialer, medizinischer Zweck für das Gelände wäre schön“, so Chefarzt Dr. Frantz. „Wird das St. Josefs hier nur noch Erinnerung sein, wäre das sehr bedrückend.“ Sabine Schicketanz
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