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Etwas zerknirscht. Dass er völlig unerwartet im Amt des Hochschulrektors nicht bestätigt wurde, stört Johannes Vielhaber nicht so sehr wie die Art und Weise seiner Abwahl.

© Andreas Klaer

Campus Potsdam: Überraschender Abgang

Die unerwartete Wahlschlappe des FH-Rektors Johannes Vielhaber sorgt für einige Spekulationen

Stand:

Die Verwunderung war groß. Dass in der vergangenen Woche an der Fachhochschule Potsdam der bisherige Rektor Johannes Vielhaber im ersten Wahlgang durchfiel, hatte an der Hochschule kaum jemand erwartet. Der Senat, der Eckehard Binas zum neuen Präsidenten der Hochschule gewählt hatte, war selbst über das Ergebnis überrascht gewesen, das zumindest sagt der Senatsvorsitzende Professor Hartwig Walberg auf Anfrage der PNN. „Es war eine knappe Entscheidung.“ Man sei im Vorfeld zwischen den beiden Bewerbern hin- und hergerissen gewesen. Vielhaber erhielt von elf möglichen Stimmen vier, sein Mitbewerber Binas sechs, bei einer ungültigen Stimme. Ein Ergebnis, das auch die beiden Kandidaten ziemlich überraschte.

An der Hochschule wird nun über die Hintergründe des unerwarteten Wahlergebnisses spekuliert. Die Vermutungen reichen von einer Panne bei einer Wahlabsprache bis dahin, dass schlichtweg der überzeugendere Kandidat gewählt wurde. Auch außerhalb der FH sorgte die nicht erfolgte Wiederwahl Vielhabers für einige Irritationen. Dass an einer gut aufgestellten Hochschule der Amtsinhaber nach sechs erfolgreichen Jahren ohne erkennbaren Grund nicht wieder gewählt wird, ist in der deutschen Hochschullandschaft eher unüblich.

Vielhaber gilt an der FH, zumindest nach außen, als unumstritten, er ist bundesweit geschätzt, wird in Sachverständigenkommissionen berufen und hat die Brandenburgische Landesrektorenkonferenz im Interesse aller Hochschulen gut vertreten. Die von ihm initiierten Forschungsprofessuren werden mittlerweile von anderen Bundesländern nachgefragt. Wäre der 57-Jährige noch einmal gewählt worden, wäre die zweite Amtszeit das I-Tüpfelchen seiner Hochschulkarriere gewesen.

Bei näherer Betrachtung sei das Ergebnis allerdings nicht ganz so überraschend, meint Hartwig Walberg vom Senat. Eckehard Binas kenne die FH relativ gut aus ihrer Gründungszeit, in der er dort die Kulturarbeit mit aufgebaut hat. Somit sei er kein völlig unbeschriebenes Blatt. „Es gibt Kontinuitäten“, so Walberg. Zudem setze Binas an einem anderen Strang der FH an als sein Vorgänger. Vielhaber habe stärker den technischen Bereich – Bauwesen, Architektur, Design – betont. Andere Fächer wie Informationswissenschaften, Kulturarbeit und Sozialwesen wären ein wenig kürzer gekommen, meint Walberg. „Ich sehe eine gewisse Richtungsentscheidung, ein neuer Ansatz für die Hochschule in anderen Schwerpunkten weiterzumachen“, sagt der Professor für Archivwissenschaft vom Fachbereich Informationswissenschaften. Um den Fortbestand des Studiengangs „Information und Dokumentation“ am Fachbereich war im vergangenen Jahr gerungen worden. Vielhaber hatte die Umstrukturierungspläne verteidigt. Der Ausgang ist noch offen.

Dass die Neuwahl des Präsidenten erst drei Tage später per Pressemitteilung bekannt gemacht wurde, hat laut Senatsstelle etwas mit der personell engen Situation in der Urlaubszeit zu tun. „Es gab keinerlei Absicht, die Mitteilung zu verzögern“, erklärt Hartwig Walberg. Der Zeitablauf der Wahl sei extrem eng gewesen, da man die hochschulöffentlichen Anhörungen der Bewerber unbedingt noch in der Vorlesungszeit platzieren wollte, sonst wäre erst wieder im Oktober die turnusgemäß anstehende Wahl möglich gewesen. Allerdings hatte die Hochschule auch nur intern angekündigt, dass überhaupt die Wahl in der zweiten Juliwoche stattfinden sollte. Zeitdruck nach anfänglichen Verzögerungen bei der Ausschreibung werden als Grund für diese Informationslücke genannt. Allerdings ist es auch kein Geheimnis, dass es an der unterfinanzierten Hochschule seit Jahren schon keine eigenständige Pressestelle mehr gibt.

Der bisherige FH-Rektor Johannes Vielhaber kann sich das Wahlergebnis der vergangenen Woche bis heute nicht erklären. „Ich war sehr überrascht“, sagte er diesen Mittwoch. Eigentlich habe er im Vorfeld der Wahl zu erkennen gegeben, dass er nicht unbedingt wieder antreten müsse, auch um neuen Bewerbern eine Chance zu geben. Doch aus der Hochschule habe er Signale erhalten, dass seine Kandidatur gewünscht sei. Daraufhin habe er es sich lange überlegt, ob er kandidieren werde und sich schließlich recht spät entschieden. „Nicht zuletzt auch auf Drängen aus der Hochschule“, so der Bauingenieur. Dass er nun nicht wieder gewählt wurde, sei eigentlich nicht so dramatisch. „Doch die Art und Weise, wie dies geschah, hat mir nicht gefallen“, sagt er nun etwas zerknirscht.

Vielhaber, der vor seiner Amtszeit bereits Dekan des Fachbereichs Bauingenieurwesen war, will nach Ende der Zeit als Hochschulleiter in seine Professur für „Planung und Konstruktion und Massivbau“ an der FH Potsdam zurückkehren. Dazu stehen ihm nach neun Jahren Verwaltungsarbeit zwei bis drei Freisemester zu, in denen er sich in die aktuelle Forschung und Lehre wieder einarbeiten kann. Er hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er auch gerne als Professor tätig ist. Das Wahlergebnis nun habe daher auch eine andere positive Seite: Seine Familie sei glücklich, dass er wieder etwas mehr Zeit für sie habe. Der von seinem Nachfolger ins Gespräch gebrachte neue FH-Schwerpunkt „urbane Entwicklung“ komme ihm schließlich entgegen: „Das sind ja meine Themen.“

Dass das Wahlergebnis auch direkt etwas mit der Person Vielhabers zu tun haben könnte, schließen Insider der Hochschule nicht aus. Dem Vernehmen nach habe es in der internen Hochschulstruktur Probleme gegeben, die nicht nach außen gedrungen sind, schließlich aber zur Entscheidung der Senatsmitglieder für Eckehard Binas beigetragen haben könnten. Zudem sei Vielhaber jemand, der auch mal eine Entscheidung treffen konnte, ohne dass alle damit einverstanden waren. Was ein Bruch zur stark konsensorientierten Führung seiner Vorgängerin Helene Kleine war.

Eckehard Binas hat nun offensichtlich einen Nerv getroffen. Er hat es gut verstanden, sich in die Gefühllage der FH hineinzubegeben, im Vorfeld der Wahl hat er nach Informationen der PNN mit vielen FH-Mitgliedern gesprochen und sich schließlich sehr gut in der Anhörung präsentiert, auch habe er umfassende Kenntnisse der Hochschulpolitik gezeigt. Binas hat stark auf ein Defizit in der Kommunikationskultur an der FH abgezielt. In dieser Frage gab es wohl eine latente Unzufriedenheit an der Hochschule.

Eine andere Lesart der überraschenden Wahlschlappe von Vielhaber, die derzeit an der FH kursiert, geht von einer Wahlpanne aus. Demnach habe es eine Absprache des Wahlgremiums gegeben, Vielhaber erst im zweiten Wahlgang zu wählen, um ihm einen kleinen Denkzettel zu verpassen. Bei einer ungültigen Stimme hätten fünf Stimmen für jeden Kandidaten im ersten Wahlgang eine Pattsituation ergeben. Doch einer habe sich wohl nicht daran gehalten. Vielhaber sagt dazu nur: „Es ist gewählt, über andere Dinge nachzudenken, habe ich keine Lust.“ Walberg sagt: „Es gab keinerlei Absprache vor der Wahl, die geheim verlief.“

Der Senatsvorsitzende hat nach eigenen Worten ohnehin mehr Enthaltungen erwartet. Die Entscheidung sei schwer gefallen, weil beide Kandidaten fachlich auf gleicher Höhe und persönlich doch sehr unterschiedlich seien. Sein Fazit: „Wenn ein externer Bewerber sich vor dem Amtsinhaber platziert, dann muss er schon gepunktet haben.“ Binas habe es sehr gut verstanden, die Dinge auf den Punkt zu bringen und sein Programm zu erläutern. „Das muss offensichtlich den Ausschlag gegeben haben“. Vielleicht hat tatsächlich einfach nur der gewonnen, der überzeugender war.

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