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Superintendent Joachim Zehner (l.) und Imam Kamal Abdallah spenden tröstende Worte.

© privat/Archiv

Nach Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin: „Überwinde das Böse“

In Potsdam haben Kirchen, die islamische Gemeinde und Politiker auf den Anschlag von Berlin reagiert.

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Potsdam/Berlin - Weihnachten feiern, während Tote und Verletzte zu beklagen sind – geht das überhaupt? Nach dem Sattelschlepper-Anschlag von Berlin plädiert der Vorsitzende des Evangelischen Kirchenkreises in Potsdam trotzdem für eine Zeit der Besinnung: „Gerade jetzt Weihnachten feiern!“, sagte Superintendent Joachim Zehner am Dienstag auf PNN-Anfrage. „Es war keine heile Welt, in die Jesus kam: Armut, Stall, Kindermord in Rama, Willkür eines König Herodes “ Zu Zehners Kirchenkreis gehören mehr als 25 000 Gläubige.

In Weihnachtsgottesdiensten werde der Opfer gedacht

Der Grundsatz für Christen laute: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Jesus habe genau das getan, so Zehner: „Und uns traut er auch etwas zu.“ So habe Jesus zu seinen Jüngern gesagt: „Ihr seid das Licht der Welt und Salz der Erde.“ Auch die im Neuen Testament beschriebene Jungfrauengeburt sei das Zeichen dafür, dass Gott zu allen Zeiten – „wo wir nichts erwarten“ – neues Leben schaffen kann. „Auch Syrien wird wiederauferstehen. Auch in Aleppo wird neues Leben einziehen.“ Auch die Verblendung werde ein Ende haben, hofft Zehner. „Denn wer hätte 1945 an einen Neuanfang in Deutschland geglaubt? In der Kirche vertrauen wir darauf: Die Liebe ist stärker als der Tod.“ Gott überwinde das Böse durch seinen Sohn, der Glaube sei der Trost in trostlosen Situationen. Deshalb rate er, an Heiligabend in Potsdam in den Kirchen „zusammenzukommen, zu beten, singen, klagen, sich anstecken zu lassen vom Trost des Evangeliums und uns in finsteren Zeiten ins Licht der Weihnacht zu stellen, zu spenden für Brot für die Welt“. In allen Weihnachtsgottesdiensten werde der Opfer gedacht und für sie gebetet, so Zehner.

Am heutigen Mittwoch lädt bereits die evangelische Kirche zum Friedensgebet in der Nagelkreuzkapelle am Ort der ehemaligen Garnisonkirche in der Breiten Straße. Beginn ist um 18 Uhr. Auch die Friedenskirche am Park Sanssouci und die Nikolaikirche am Alten Markt sind offen zum stillen Gedenken.

Hoffnung in schwierigen Zeiten

Auch der Propst der katholischen Kirche St. Peter und Paul am Bassinplatz, Klaus-Günter Müller, reagierte erschüttert auf die Nachrichten über den Anschlag in Berlin. „Unser Leben ist nicht nur Sonnenschein, sondern auch die Nacht“, sagte Müller den PNN und zitierte aus der Bibel: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht. Ein Kind sei geboren, ein Sohn und Geschenk.“ Es gehe auch darum, in schwierigen Zeiten nach vorne zu schauen und Hoffnung zu haben. „Das ist die Botschaft zu Weihnachten.“ Die Katholiken würden Weihnachten auch gerade deshalb im Dunkeln, am späten Abend feiern. Zwar wollten die Menschen im Advent auch Freude erleben. In solch einer Situation wie jetzt funktioniere der Weihnachtsmann aber natürlich nicht. Auch Müller kündigte an, dass der Opfer des Anschlags in den kommenden Tagen in allen Gottesdiensten und zur Christmette gedacht werde. Ein spezieller Ort der Trauer sei noch nicht in der Kirche eingerichtet worden. Die Kirche sei aber offen und auch ein Friedenslicht aufgestellt.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) meldete sich bereits am Morgen nach dem Anschlag mit einer Erklärung unter der Überschrift „Wir stehen an der Seite der Berliner“ zu Wort. Jakobs drückte darin sein Beileid für die Opfer aus: „Es besteht kein Zweifel, dass dieser Akt der Gewalt einen dunklen Schatten über die ansonsten so freudige Vorweihnachtszeit legt, die besonders für unsere Kinder voller Zauber und Erwartung ist. Ich möchte aber alle Potsdamerinnen und Potsdamer dazu aufrufen, dennoch jetzt vor allem Ruhe zu bewahren.“ Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte bei einer Pressekonferenz im Hotel Mercure: „Diese freie Gesellschaft muss auch eine freie Gesellschaft bleiben und deswegen ist es ganz wichtig, dass jeder einzelne sein Leben so weiterlebt wie bisher.“ Er rief zugleich dazu auf, mit Besonnenheit auf den Anschlag zu reagieren. „Wenn wir anfangen, unser Leben zu ändern, haben Extremisten und Terroristen ihr Ziel erreicht.“

Imam: "Wir verurteilen die Tat aufs Schärfste"

Auch zahlreiche Kommunalpolitiker reagierten und drückten ihre Trauer aus. Linke-Kreischef Sascha Krämer sagte: „Die Antwort einer freien, demokratischen und offenen Gesellschaft darf nicht Hass sein, um die Gesellschaft in Angst zu versetzen und Freiheiten einzuschränken. Wir müssen den Angreifern unserer offenen Gesellschaft gegenübertreten: Das gilt auch heute, egal wer der Täter war und woher er kam.“ CDU-Fraktionschef Matthias Finken erklärte: „Wir lassen uns nicht aufzwingen, wie wir zu leben und unsere Feste zu feiern haben.“

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Auch der Imam der Islamischen Gemeinde in Potsdam, Kamal Abdallah, drückte seine Erschütterung über den „mörderischen Anschlag“ aus. „Wir als Verein der Muslime in Potsdam verurteilen diese vorsätzlich ausgeführte Tat auf das Schärfste.“ Das Beileid der mehrere Hundert Mitglieder umfassenden Gemeinde gelte allen, die ihre Liebsten bei dieser Schreckenstat verloren hätten. „Wir stehen in dieser schweren Zeit fest und solidarisch an der Seite unseres Landes. Wir beten für Deutschland und Berlin.“ Bei den Gottesdiensten der Gemeinde würden die Opfer, Verletzte und Angehörige in die Gebete mit aufgenommen. Abdallah betonte: „Unser Dank gilt der Polizei und allen Rettungskräften für ihren Einsatz.“ 

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