
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Ud Joffe Zugang zum Synagogen-Verein verwehrt
Kritiker des Vorstandes und des Haberland-Entwurfes demonstrierten mit Gesang vor der Schlossstraße 1
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Innenstadt - Die Polizei bot am gestrigen Abend die Besatzungen dreier Streifenwagen auf, um dem aus Israel stammenden Ud Joffe den Zutritt zur Vollversammlung des Synagogen-Bauvereins im Gebäude Schlossstraße 1 zu verwehren. „Der Hausherr hat Ihnen den Zutritt nicht erlaubt“, teilte ein Polizist dem Musiker und weiteren etwa 30 Bauvereins-Kritikern mit. „Ich als Jude in Potsdam darf das Gebäude der Jüdischen Gemeinde in Potsdam nicht betreten“, stellte Joffe entrüstet fest, „und das im Jahr 2010.“
Im Vorfeld der gestrigen Mitgliederversammlung hatte der Bauvereinsvorsitzende Horst Mentrup den Wunsch auf Vereinsmitgliedschaft von etwa 40 Antragstellern an die Bedingung geknüpft, diese müssten nicht nur der Vereinssatzung, sondern dem Synagogen-Entwurf des Architekten Jost Haberland zustimmen. Das Vereinsziel eines Synagogen-Neubaus habe sich auf den Entwurf Haberlands „konkretisiert“, schreibt Mentrup (PNN berichteten). Gerade dieser Entwurf jedoch wird von der Gruppe um Joffe als zu klein und zu unattraktiv kritisiert. „Wir wollen niemanden ins Boot holen, der gegen den Vereinszweck ist“, sagte Bauvereins-Sprecher Rico Bigelmann den PNN.
Hans-Jürgen Schulze-Eggert aus dem Vorstand des Bauvereins hatte die Mitgliedsanträge aus den Reihen der Kritiker gegenüber den PNN als „Versuch einer feindlichen Übernahme“ bezeichnet. Leicht könnte die Joffe-Gruppe eine Mehrheit in der Mitgliederversammlung erzielen. In der Tat begann die Vollversammlung gestern verspätet, als 36 der 104 Vereinsmitglieder anwesend waren. Ein Bauvereinsmitglied sagte, ohne namentlich genannt werden zu wollen, viele Mitglieder seien nicht erschienen, „weil sie sich nicht in einen Wahlzwang bringen“ wollten.
Ud Joffe, Gründer des Neuen Kammer-Orchesters Potsdam und der Vocalise, das Potsdamer Musikfestival für Vokalmusik, sang gestern mit den vor der Schlossstraße 1 Wartenden jüdische Lieder. Mit dabei war auch der Stadtverordnete Christian Seidel (SPD), der gegenüber den PNN erklärte, er empfinde es als „grenzwertig“, es als „feindliche Übernahme“ zu bezeichnen, wenn sich Potsdamer Juden melden, die sich beim Synagogenbau einbringen wollen. Seidel: „Wir bauen die Synagoge schließlich für Juden.“ Zum Haberland-Entwurf erklärte Seidel, langjähriger Bauausschuss-Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung, dem Entwurf sei „das sakrale Gebäude schwer anzusehen“.
„Man kann unsere Meinung nicht auf diese Weise ignorieren“, rief Joffe den Vereinskritikern zu. Die Landesregierung Brandenburgs, die fünf Millionen Euro und das Grundstück in der Schlossstraße für den Synagogen-Neubau bereitstellt, müsse „sich entscheiden, ob sie solch ein krummes Verfahren unterstützt“. Der Vorstand des Bauvereins vertrete Joffe zufolge nicht die Mehrheit der Potsdamer. Der Vorstand habe dazu beigetragen, Spannungen unter den verschiedenen jüdischen Gruppen zu intensivieren. Joffe: „Das ist unverzeihlich.“
Vereins-Sprecher Bigelmann kündigte für heute eine Mitteilung über die Ergebnisse der Vollversammlung an. Eine Teilnahme von Medienvertretern an der Sitzung lehnte der Verein ab. Guido Berg
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